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Trübe Prognose

Allein in den Industriestaaten sind laut Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) seit dem Ausbruch der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2007 mehr als 13 Millionen Arbeitsplätze vernichtet worden.

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„OECD-weit waren damit mit Stand Juni 2011 44 Millionen Menschen arbeitslos, viele von ihnen bereits seit mehr als zwölf Monaten“, teilte die 34 Länder zählende Organisation am Montag mit. Weltweit betrage die Zahl rund 200 Millionen, hieß es in einem Begleitpapier zu einem Treffen der Arbeitsminister der G-20, der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, bei dem bis einschließlich Dienstag die Folgen der Wirtschaftskrise debattiert werden. Die Zahl kommt laut OECD bereits Dimensionen der Großen Depression, der Weltwirtschaftskrise ab 1929, gefährlich nahe.

Nur zwei positive „Ausreißer“

Nur in zwei Ländern, nämlich in Deutschland und Chile, sei die Arbeitslosigkeit heute niedriger als vor 2007. In Österreich stieg die Zahl leicht. Sie lag nach OECD-Zahlen im ersten Quartal 2006 bei 3,5 Prozent, 2007 bei 4,5 und 2010 erneut bei 4,5 Prozent. Laut jüngsten Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat betrug der Wert im August 3,7 Prozent.

Konjunkturprognosen Anlass für Sorge

Die Jugendarbeitslosigkeit (Beschäftigte bis 24 Jahre, Anm.) nahm in Österreich zwischen 2006 und 2010 nur gering, von 8,7 auf 8,8 Prozent, zu, liegt im Vergleich zum Gesamtwert aber trotzdem hoch. Ganz trist sieht es in Ländern wie Spanien und Griechenland mit Gesamtarbeitslosenraten von rund 20 bzw. 15 Prozent aus - Entspannung vorerst nicht in Sicht.

Spanische Arbeitslose warten

Reuters/Jon Nazca

Jobsuchende vor einem Arbeitsamt im spanischen Marbella

„Hatte sich die Situation im Jahr 2010 in vielen Regionen etwas entspannt, so macht das jüngst wieder gedrosselte Wirtschaftswachstum die kurzzeitigen Gewinne zunichte“, so die OECD unter Verweis auf die zuletzt wieder eingetrübten Konjunkturaussichten.

Die Generation Praktikum

Kritisch sieht die OECD auch die Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt: Faire und hochwertige Jobs seien insbesondere für junge Arbeitnehmer seltener geworden. „Mehr und mehr Menschen erhalten nur noch befristete Verträge, die - anders als früher üblich - in eine Sackgasse führen statt als Sprungbrett für eine dauerhafte Beschäftigung zu dienen.“ Problematisch sei außerdem die hohe Langzeitarbeitslosigkeit. Sie habe sich seit 2007 in einigen Ländern verdoppelt, in den USA sogar verdreifacht.

Nach OECD-Einschätzung werden es junge Menschen, die in den kommenden Jahren die Schule verlassen, noch wesentlich schwerer haben, eine Anstellung zu finden als frühere Generationen. Die Arbeits- und Sozialpolitik müsse in den Mittelpunkt der G-20-Diskussionen rücken, forderten OECD-Generalsekretär Angel Gurria und der Chef der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO), Juan Somavia, in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die verwundbarsten Gesellschaftsgruppen seien von der Jobkrise am härtesten betroffen.

Ruf nach flexiblen Bildungssystemen

Im OECD-Schnitt habe die Gruppe der jungen Leute zwischen 15 und 24 Jahren am deutlichsten unter dem Einbruch auf dem Arbeitsmarkt gelitten. Ihre Beschäftigungszahl sei um zehn Prozent geschrumpft. „Ähnlich schwerwiegend waren die Auswirkungen für gering Qualifizierte“, heißt es. Ende 2010 seien mehr als 22 Millionen junge Leute innerhalb der OECD weder in Ausbildung noch in einem Job gewesen.

Die Organisation fordert deshalb eine Bildungsoffensive, die bereits in sehr frühem Alter ansetzt, „und das speziell für Kinder aus sozial benachteiligten Familien“. Außerdem müssten die Qualifikationen Jugendlicher mit flexibleren Bildungssystemen besser auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes abgestimmt werden, so eine weitere Forderung der OECD.

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