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Armee will beliebter werden

Pakistans Armee ist in der Bevölkerung so unbeliebt wie nie. Es gibt mehrere Gründe für das schlechte Image der Armee. Jahrelang galten die pakistanischen Streitkräfte als Garant für die Stabilität des Landes und genossen einen guten Ruf. Doch das änderte sich aus mehreren Gründen radikal.

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Die Armee will nun ihr Image polieren. Neben erhofften militärischen Erfolgen gegen Extremisten sollen weitere Aktionen öffentlichkeitswirksam das Ansehen des Militärs wiederherstellen. So gilt neben anderen Aufklärungsaktionen über die Wichtigkeit der Armee für Pakistan eine vom Militär finanzierte Action-Serie im staatlichen Fernsehen Pakistan Television Coorporation (PTC) als Kernstück der Imagekampagne.

Echte Soldaten in Hauptrollen

Im Mittelpunkt der Handlung stehen elf „mutige“ pakistanische Soldaten im Kampf gegen die radikal-islamischen Taliban in den Stammesgebieten zu Grenze nach Afghanistan im Jahr 2009. Um die Kosten niedrig zu halten, werden Soldaten als Schauspieler eingesetzt. Sie bekommen dafür nicht extra bezahlt. Auch echtes Militärgerät wird eingesetzt, wie das „Wall Street Journal“ („WSJ“) schreibt.

Jede Episode der Serie, die übersetzt etwa „Über die Pflicht hinaus“ heißt, soll nur 12.000 Dollar kosten. Das Spiel der Soldaten sei hölzern und die Tricks veraltet, wie das „WSJ“ schreibt. In der Eröffnungsepisode der zweiten Staffel, die erst kürzlich ausgestrahlt wurde, rächen zwei Kampfhubschrauberpiloten gegen die Order ihrer Vorgesetzten den Tod eines Kollegen. Die Piloten werden dabei als gefühlsbetonte Familienmenschen und patriotische, coole Sonnenbrillen tragende Helden gezeichnet.

Mulmig bei Romantikszenen

Die schauspielernden Soldaten gaben sich auch in Interviews als Patrioten. „Ich bin mit Herz und Verstand ein Soldat. Ich habe nur eingewilligt, in der Serie aufzutreten, um meinen Pilotenkollegen und den Soldaten der pakistanischen Armee Tribut zu zollen“, so Major Zahid Bari, der einen der Piloten spielt. Der Regisseur von „Über die Pflicht hinaus“, Kashif Nisar, findet es einfacher, Soldaten das Schauspielern beizubringen als Schauspielern „Einsatztaktiken, Uniformtragen, das Verwenden von Waffen und die Körpersprache der Soldaten“, wie er dem „WSJ“ sagte. Den Soldaten sei allerdings bei den Romantikszenen mulmig. Die Action-Serie entpuppte sich als Publikumshit vor allem in den ländlichen Gebieten.

Warum das Militär unbeliebt ist

Ob damit allerdings das Image der Armee tatsächlich wieder besser wird, ist schwer festzustellen. Das schlechte Ansehen des Militärs in der Bevölkerung ist nicht nur einer momentanen Stimmung geschuldet, sondern hat mehrere handfeste Hintergründe.

Nach der Regierung von General Pervez Musharraf wurde heftig kritisiert, wie die Armee sich einen Staat im Staat schaffen konnte und das mit einem sehr lukrativen Wirtschaftszweig. Die Militärs versuchten zu beruhigen und übten sich in Zurückhaltung. Die einflussreiche Militärkaste gilt allerdings immer noch als eine der größten Wirtschaftsmächte des Landes.

Undurchschaubares wirtschaftliches Geflecht

Unter der Obhut von Musharraf wurde dafür gesorgt, dass die Offiziere nicht nur über das Verteidigungsbudget mit staatlichen Geldern versorgt werden, sondern sich auch üppig in den übrigen Wirtschaftssektoren bedienen können, wie die Pakistan-Expertin Ayesha Siddiqa in dem Standardwerk „Military Inc.: Inside Pakistan’s Military Economy“ schreibt.

Das Militär baute ein bis heute kaum durchschaubares privatwirtschaftliches Imperium auf. Das Geflecht gilt als Versorgungsposten für die Offiziere des Landes. Unter Musharraf vergrößerte sich die wirtschaftliche Macht des Militärs weiter. Die Armee hatte ihre Finger in so gut wie jedem Großprojekt des Landes drinnen. Die Korruption blüht. Teils mussten Unternehmer Geld an die Armee zahlen, um an einen Auftrag zu kommen. Auch, dass pensionierte hochrangige Militärs riesige Anwesen bekamen und im Luxus lebten, sorgte für Verärgerung in der Bevölkerung.

Von den USA bloßgestellt

Einen weiteren Imageverlust musste die Armee durch die US-Kommandoaktion, die zur Tötung von Terrorchef Osama bin Laden führte, hinnehmen. Eine US-Operation auf pakistanischem Boden ohne zumindest militärische Hilfe der pakistanischen Armee - das schien vor dem US-Einsatz so gut wie unmöglich zu sein. Auch dass die USA bei ihren Anti-Terror-Einsätzen unbemannte Drohen auf pakistanisches Hoheitsgebiet einsetzen, schwächte das Image der Armee, hat sie doch kaum öffentlichkeitswirksame Erfolge vorzuweisen.

Zivilisten nicht geschützt

Auch das Vorgehen gegen Islamisten im Swat-Tal vor zwei Jahren sorgte für Unmut. Es kam aus Angst zu einer regelrechten Flüchtlingswelle der zivilen Bevölkerung. Die Armee wurde für ihr Vorgehen stark kritisiert. Man hätte die Einsätze anders planen und die Zivilisten schützen müssen, so der Tenor. Bei den Aktionen, bei denen es auch zu Bombardierungen und dem Einsatz von schwerem Militärgerät kam, wurde in dem landwirtschaftlich geprägten Gebiet oft die ökonomische Basis der Bevölkerung zerstört.

Das Vorgehen wiederholt sich nun offenbar in einem weiteren Stammesgebiet. Wegen der Kämpfe zwischen der pakistanischen Armee und radikal-islamischen Aufständischen Anfang Juli in einem Stammesgebiet an der afghanischen Grenze verlassen immer mehr Familien die Region. Es sei damit zu rechnen, dass insgesamt zwischen 8.000 und 12.000 Familien vertrieben würden, hieß es aus der pakistanischen Katastrophenschutzbehörde. Erst im Februar waren zudem mehr als 20.000 Pakistanis vor einem Militäreinsatz im Stammesgebiet Mohmand geflüchtet.

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