„Fluglotsen weinen nicht“
Die Ära der US-Spaceshuttle ist nach rund 30 Jahren am 21. Juli 2011 mit einer Bilderbuchlandung zu Ende gegangen. Pünktlich um 5.57 Uhr (11.57 Uhr MESZ) setzte der Shuttle bei klarer Sicht auf seinem Heimatstützpunkt, dem Kennedy Space Center im Bundesstaat Florida, auf.
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Rund zweitausend Mitarbeiter und Gäste der Raumfahrtbehörde NASA begrüßten die Raumfahrer mit großem Jubel. Die „Atlantis“ war vor 13 Tagen mit fünf Tonnen Ladung zur Internationalen Raumstation (ISS) ins All gestartet. Auf dem Rückflug aus fast 400 Kilometer Höhe brachten die vier Astronauten um Kommandant Chris Ferguson zwei Tonnen altes Gerät und Abfall aus der ISS zur Erde.

Reuters/Joe Skipper
Die „Atlantis“ beim Landeanflug in Cape Canaveral
Ferguson dankte nach der Landung den Tausenden Menschen, die an dem Shuttle-Programm mitgearbeitet hatten. „Es gab heute viele Emotionen, aber eins ist unbestreitbar: Amerika wird nicht aufhören, (den Weltraum, Anm.) zu erforschen.“ Die „Atlantis“ wie auch die übrigen Shuttles „Columbia“, „Challenger“, „Discovery“ und „Endeavour“ hätten die Art und Weise verändert, „wie wir die Welt sehen und es hat unsere Sicht des Universums verändert“, fügte Ferguson hinzu.
„Perfektes“ Landewetter
Im Gegensatz zum Start, der von widrigen Witterungsverhältnissen begleitet war, konnte die NASA bereits frühzeitig grünes Licht für den Landeanflug geben. Das Kontrollzentrum im texanischen Houston erteilte der Besatzung der Raumfähre früher als geplant die Erlaubnis zum Wiedereintritt in die Erdatmosphäre, nachdem die Besatzung zuvor mit „God Bless America“ geweckt worden war.
Die Wetteraussichten seien „niemals so perfekt für eine Landung“ gewesen, hieß es von der NASA: „Der Himmel über dem Kennedy Space Center ist blau, ohne eine einzige Wolke oder eine Brise Wind.“ Der für die Landung zuständige Direktor Tony Ceccacci kündigte noch einmal volle Konzentration an. „Wir haben ein Motto in der Missionskontrolle: Fluglotsen weinen nicht.“

AP/Terry Renna
Mit der Landung endet die Shuttle-Ära der USA.
Dennoch machte selbst „Atlantis“-Kommandant Ferguson vor dem Landeanflug mit „Das wird hart“ keinen Hehl aus seinen Emotionen. „Der Spaceshuttle war für uns das Herz und die Seele der bemannten Raumfahrt, und es ist ein bisschen traurig, ihn gehen zu sehen“, so Ferguson bei einem Fernsehinterview aus dem All. Den Zuschauern auf der Erde erteilte Ferguson den Rat, sich die Landung ins Gedächnis einzuprägen, „weil Ihr so etwas wie das nie wieder sehen werdet“.
Emotionaler Abschied von ISS
Bereits vor zwei Tagen hatten sich die vier „Atlantis“-Astronauten in einem emotionalen Moment von der Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS) verabschiedet. Vor der Kulisse eines Weltraum-Sonnenaufgangs dockte die „Atlantis“ nach Angaben der NASA am Dienstag um 8.28 Uhr MESZ rund 350 Kilometer über dem Pazifischen Ozean von der ISS ab, um den Rückweg zur Erde anzutreten.
Die vier Besatzungsmitglieder - drei Männer und eine Frau - waren am 8. Juli gestartet und hatten Lebensmittel, Ausrüstungsgegenstände und Ersatzteile zur ISS gebracht. Auch ein letzter Weltraumspaziergang zählte zum Programm.

APA/EPA/Scott Audette
„Atlantis“-Kommandant Ferguson bedankt sich bei NASA-Mitarbeitern
„Vielen Dank“
„Wir schließen diese Klappe und auch ein Kapitel in der Geschichte unserer Nation“, sagte der ISS-Flugingenieur Ronald Garan, als am Montag um 16.28 Uhr MESZ die Luken des Spaceshuttles geschlossen wurden. Anschließend platzierten die Astronauten die US-Flagge auf der Rampe, die den Shuttle mit der ISS verbindet. Es war dieselbe Flagge, die am 12. April 1981 die erste Shuttle-Mission ins All begleitet hatte.
„Vielen Dank, dass Ihr uns empfangen habt! Es ist eine großartige Station, und es war eine große Freude“, sagte „Atlantis“-Kommandant Ferguson zum Abschied. Auf dem Boden würdigte NASA-Flugdirektor Dan Tani die Arbeit der letzten „Atlantis“-Besatzung. „Wir sind stolz auf Euch, stolz auf die NASA, stolz auf unsere Nation“, sagte er.
Vom All ins Museum
Vor dem Abflug inspizierte die „Atlantis“-Besatzung noch den Hitzeschild, indem sie mit Hilfe eines Roboterarms Fotos von der Außenhaut der Raumfähre machte. Im Februar 2003 war die US-Raumfähre „Columbia“ beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wegen eines beschädigten Hitzeschilds verglüht, sieben Astronauten starben.
Die „Atlantis“ ist die Raumfähre aus der NASA-Flotte, die am längsten gedient hat. 33 Flüge absolvierte der Shuttle. Die NASA-Shuttle-Flotte zählte einst fünf Raumfähren. Neben der „Columbia“ wurde jedoch auch die „Challenger“ bei einem Unglück zerstört: Sie explodierte 1986 kurz nach dem Start, die siebenköpfige Besatzung kam ums Leben. Die „Atlantis“ sowie die Shuttles „Endeavour“ und „Discovery“, die in den vergangenen Monaten ebenfalls ihre letzten Flüge absolviert hatten, sollen künftig in Museen ausgestellt werden.
Nach dem Ende der Shuttle-Ära werden US-Astronauten vorerst auf die russischen Sojus-Raketen angewiesen sein, um zur ISS zu kommen. Erst 2015 soll eine neue US-Raumfähre, an der die NASA derzeit in Zusammenarbeit mit einer privaten Firma arbeitet, einsatzbereit sein.
„Ära der Sojus“ ausgerufen
Nach dem Ende des US-Shuttle-Programms sieht die russische Weltraumbehörde Roskosmos ihre „Sojus“-Kapsel nun als Nonplusultra der bemannten Raumfahrt. „Heute hat die Ära der ‚Sojus‘ in der bemannten Raumfahrt begonnen, die Ära der Verlässlichkeit“, hieß es am Donnerstag in einer Erklärung von Roskosmos.
Die russische Behörde hatte jedoch auch ein Lob für die US-Shuttles übrig: „Die Menschheit erkennt die Rolle der amerikanischen Raumfähren bei der Erforschung des Kosmos an.“
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