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Die Berlin-Frage und der Kalte Krieg

Es war ein Sonntag: Am 13. August 1961 um 00.00 Uhr sperrten die Sicherheitskräfte der DDR die Grenze zwischen West- und Ost-Berlin und begannen provisorische Absperrungen zu errichten. Fassungslos sahen die Bürger, wie der westliche Stadtteil bald darauf förmlich eingemauert wurde. Die entstehende Berliner Mauer sollte die Stadt bis 1989 und darüber hinaus in zwei Teile zerschneiden.

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Die Berlin-Frage schwelte damals bereits seit Jahren zwischen der Sowjetunion und den Westmächten, die zu dieser Zeit einander gerade im Kalten Krieg gegenüberstanden. Eine Enklave der Westmächte mitten in einem Warschauer-Pakt-Staat war Moskau schon lange ein Dorn im Auge.

Die Sowjetunion bemühte sich daher darum, West-Berlin zu einer entmilitarisierten „freien Stadt“ umzuwandeln, deren Versorgung ganz von der DDR abhängig war - doch die Westmächte weigerten sich abzuziehen.

Im Jahr 1961 drängte der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht den sowjetischen Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow allerdings wegen ganz konkreter Probleme zu baldigen Maßnahmen: Die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland war auf Erfolgskurs - es war die Zeit des „Wirtschaftswunders“ -, die DDR konnte da in keiner Weise mithalten.

Schwarzweißaufnahme eines ostdeutschen Grenzpolizisten in Berlin neben einem Schild mit der Aufschrift "Sie verlassen jetzt West-Berlin"

AP/Edwin Reichert

Abwanderung in den Westen

Das hatte immer stärkere Auswirkungen auf die Bevölkerungsströme: Allein 1960 verließen 200.000 Menschen Ostdeutschland in Richtung Westen - zumeist junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte. Zwischen 1949 und 1961 waren es insgesamt gar 2,7 Millionen Menschen. Vom wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruch Ostdeutschlands war unter Genossen die Rede.

„Unterbindung feindlicher Tätigkeiten“

Mit grünem Licht aus Moskau sollte eine Art Befreiungsschlag gelingen. Am 12. August beschloss der Ministerrat der DDR „zur Unterbindung der feindlichen Tätigkeit der revanchistischen und militaristischen Kräfte Westdeutschlands und West-Berlins“ die Einführung von Grenzsperren rund um West-Berlin. Den DDR-Bürgern war es ab sofort nur mit einer „besonderen Bescheinigung“ gestattet, den Westteil Berlins zu betreten.

Ironischerweise hatte Ulbricht erst zwei Monate zuvor, in einer internationalen Pressekonferenz in Ost-Berlin, auf die Frage einer westdeutschen Journalistin hin noch betont: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“

„Sperrwand eines Konzentrationslagers“

Trotz des Entsetzens der Bonner Regierung wie des West-Berliner Senats über die mitten in der Stadt aufgezogene „Sperrwand eines Konzentrationslagers“ (so der damalige Regierende Bürgermeister Willy Brandt) unternahmen die Westmächte keine Schritte, um dem Mauerbau Einhalt zu gebieten. Wegen Berlin wollte man schließlich keinen Atomkrieg zwischen den USA und der Sowjetunion riskieren.

Der SPD-Politiker Brandt führte seine spätere, gegenüber den kommunistischen Ländern versöhnliche „Ostpolitik“ als Bundeskanzler der BRD (1969 - 1974) auf seine damaligen Eindrücke vom Vorgehen der Westmächte zurück.

Arbeiter mauern die ersten Steinblöcke der Berliner Mauer.

dapd

Rasche Umsetzung: Knapp nach der Abriegelung von Ostberlin begann der Mauerbau

„Antifaschistischer Schutzwall“

Obwohl die Mauer nach Darstellung der DDR-Propaganda als „antifaschistischer Schutzwall“ dienen sollte, stellte bereits ihre Konstruktion klar, dass sie in Wahrheit die eigene Bevölkerung am Verlassen des Landes hindern sollte. Hinter dem Begriff „Berliner Mauer“ versteckte sich in Wahrheit eine komplexe Sicherheitsanlage, die im Laufe der Jahre zunehmend erweitert und ausgebaut wurde.

An den meisten Stellen handelte es sich in der 1975 errichteten endgültigen Form um einen doppelten Mauer- oder Stacheldrahtzug, in dessen Zwischenraum sich Bewachungstürme, Alarmdrähte, Beleuchtungsanlagen, ein Graben gegen Überquerungsversuche per Pkw und Hundelaufanlagen verbargen.

Die Toten an der innerdeutschen Grenze

Trotz dieses fast unüberwindlichen Hindernisses versuchen es in den knapp 30 Jahren des Bestehens der Mauer rund 5.000 Menschen, auf die andere Seite zu gelangen.

Etwa 100 bis 200 (die Zahlenangaben variieren stark) starben dabei. Als erster Mensch, der an der Berliner Mauer erschossen wurde, gilt der am 24. August 1961 getötete 24-jährige Günter Litfin, als letztes Todesopfer der in der Nacht vom 5. auf 6. Februar 1989 erschossene 20-jährige Chris Gueffroy.

1989: Das rasche Aus für die Mauer

Das Ende der Berliner Mauer kam dann genauso schnell wie ihre Errichtung: Ende 1989 beschloss die DDR-Führung unter dem Eindruck der Massenflucht ausreisewilliger Ostdeutscher über Ungarn und die westdeutsche Botschaft in Prag in den Westen sowie der zunehmenden regierungskritischen Großdemonstrationen im Land eine Ausreisemöglichkeit für DDR-Bürger ohne besondere Formalitäten.

Als das Politbüromitglied Günter Schabowski die Regelung am 9. November 1989 in einer internationalen Pressekonferenz vorstellte, sagte der über eine eigentlich geplante Sperrfrist uninformierte Funktionär, diese trete „sofort, unverzüglich“ in Kraft.

In der darauffolgenden Nacht begannen DDR-Bürger, massenweise die Grenzübergänge nach West-Berlin zu belagern, was schließlich zur Öffnung der Grenze durch die verunsicherten und von der geltenden Regelung noch nicht ausreichend informierten Grenztruppen führte. Die Bilder der auf der Mauer feiernden und jubelnden Menschen gingen um die Welt. Nur wenig später war die Berliner Mauer als Bauwerk Geschichte. In den Köpfen lebte die Mauer noch länger fort.

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