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Karl gegen Pauschalverurteilungen

Das Justizministerium und Justizexperten wehren sich nun gegen die heftigen Attacken wegen des erstinstanzlichen Urteils gegen FPK-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Uwe Scheuch. Scheuch war am Dienstag zu 18 Monaten - sechs davor unbedingt - in der „Part of the Game“-Causa verurteilt worden. Das Urteil gegen Scheuch ist nicht rechtskräftig.

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Nach dem Urteil attackierten seine freiheitlichen Kollegen von FPK und FPÖ die Justiz scharf. Von „Fehlurteil“ und „Politjustiz“ war die Rede. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) wies nun über ihren Pressesprecher im Ö1-Mittagsjournal am Mittwoch Pauschalverurteilungen gegenüber der Justiz zurück. Es handle sich um ein Urteil eines unabhängigen Gerichts, die Richter würden ihre Aufgabe in der Rechtsprechung mit großer Sorgfalt und Ernsthaftigkeit unvoreingenommen wahrnehmen, so die schriftliche Stellungnahme aus dem Büro der Ministerin.

Mayer: Attacken auf Justiz „entbehrlich“

Auch wenn das Urteil hoch ausfalle - die teils massiven Angriffe der FPÖ- und FPK-Politiker gegenüber der Justiz seien entbehrlich, sagte der Dekan des Wiener Juridicums, Heinz Mayer. Gerichtsurteile sollte man am Maßstab des Gesetzes messen, so Mayer. In dem Sinne könne es auch falsch sein.

Das Urteil

Scheuch war am Dienstag am Landesgericht Klagenfurt wegen Geschenkannahme als Amtsträger verurteilt worden. Er soll einem Russen die österreichische Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt haben, wenn er im Gegenzug eine Parteispende bekomme.

„Aber man sollte mit dem Vorwurf ‚Politurteil‘ sehr zurückhaltend sein. Denn das ist ein sehr schwerer Vorwurf.“ Das heiße nämlich nichts anderes, als dass ein Gericht aus politischen Rücksichten sein Urteil gefällt habe. „Und da sehe ich in Österreich grundsätzlich keine Veranlassung, solche Urteile abzugeben“, so Mayer in Richtung FPÖ und FPK - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Experten sehen Tatbestand

Zu den Aussagen Scheuchs und des Kärntner Landeshauptmanns Gerhard Dörfler (FPK), der von einem virtuellen Urteil sprach, mit der Begründung, dass es keine Tat gegeben habe, gab es aus dem Justizministerium keinen Kommentar. Rechtsexperten sehen allerdings im Gegensatz zu den zwei FPK-Politikern sehr wohl einen Tatbestand, auch wenn letztlich keine Staatsbürgerschaft verliehen worden ist. „Ein Amtsträger kann schon strafbar sein, wenn er einen Vorteil fordert“, so Mayer.

Auch der Strafrechtsexperte Helmut Fuchs von der Uni Wien sieht das ähnlich. „Das Fordern allein erfüllt bereits den Tatbestand.“ Es müsse aber ein Zusammenhang zu einem konkreten amtlichen Verhalten Scheuchs, etwa bei der Abstimmung in der Kärntner Landesregierung über die Vergabe von Staatsbürgerschaften, geben.

Milderes Urteil in zweiter Instanz?

Das Strafausmaß bezeichnete Fuchs als ungewöhnlich. Es sei ungewöhnlich, über jemanden, der nicht vorbestraft ist, eine teilunbedingte Strafe zu verhängen. Das liege aber noch im richterlichen Ermessen, so Fuchs. Der Richter dürfte vor allem gewertet haben, dass die Sauberkeit eines öffentlichen Amtes ein sehr hohes Gut im Staat sei. Fuchs rechnet damit, dass es in zweiter Instanz zu einem milderen Urteil kommt, möglicherweise sogar zu gar keiner Haftstrafe. Der Verwaltungsrechtsexperte Bernd Christian Funk sieht das anders. Der Ausgang des Berufungsverfahrens sei nicht vorherzusehen.

Fiedler: Strenge gerechtfertigt

Das Urteil gegen Scheuch sei hart, aber zur Prävention sinnvoll, sagt Franz Fiedler, Vorsitzender von Transparency International, im Ö1-Mittagsjournal am Mittwoch. Das Gericht habe eine präventive Wirkung entfalten und andere von ähnlichen Taten abschrecken wollen. Bei Korruptionsfällen sei diese Strenge aber gerechtfertigt, unter anderem im Hinblick darauf, dass die Dunkelziffer relativ hoch sei, so Fiedler. Dass Scheuch nicht zurücktrete, sei seine persönliche Entscheidung und die seiner Partei.

Der ehemalige Rechnungshof-Chef bemängelt aber das fehlende Verantwortungsbewusstsein von Politikern. Es brauche oft den Druck der Öffentlichkeit, damit es zu Maßnahmen kommt. Österreich liege da entwicklungsmäßig hinter dem Standard anderer europäischer Staaten, kritisierte Fiedler. Das politische Verantwortungsgefühl sei sehr schwach ausgeprägt, vor allem wenn es darum gehe, die Verantwortung wirklich wahrzunehmen und nicht nur verbal zu bekunden - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Auch wenn das Klagenfurter Urteil noch nicht rechtskräftig ist, begrüßte Fiedler, dass es überhaupt ein Urteil in dem „sehr brisanten Fall“ gibt. Es wäre wünschenswert, dass alle anderen derartigen Fälle, über die Justizministerium und Staatsanwaltschaften noch diskutieren, auch vor die unabhängigen Gerichte kämen. Denn die hätten sich stets als Fundament des Rechtsstaates erwiesen, so Fiedler.

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