Piloten nicht ausreichend geschult
Französische Ermittler haben am Freitag eine Reihe von Pilotenfehlern genannt, die letztlich zum Absturz der Air-France-Maschine vor zwei Jahren im Atlantik führten. Die Piloten hätten nicht richtig auf den Geschwindigkeitsverlust reagiert, teilte die Luftfahrtermittlungsbehörde BEA in Paris mit. Sie hätten auch nicht erkannt, dass es zu einem Strömungsabriss kam.
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Allerdings räumte die Behörde ein, dass die Piloten für eine solche Situation nicht geschult waren. Der Airbus A330 der französischen Fluggesellschaft Air France war am 1. Juni 2009 auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris in den Atlantik gestürzt. Alle 228 Menschen an Bord kamen ums Leben. Gegen die Fluggesellschaft und den europäischen Flugzeugkonzern Airbus ermittelt die französische Justiz wegen fahrlässiger Tötung. Die Angehörigen der Opfer hatten bereits vor der Veröffentlichung des dritten Untersuchungsberichts die zu sehr auf einen Pilotenfehler ausgerichtete Interpretation der Flugdaten kritisiert.
„Wirtschaftliche Erwägungen“
Die schleppende Veröffentlichung der Daten zum verunglückten Airbus-Flug AF 447 hatte zu empörten Reaktionen der Opferangehörigen geführt. Eine Erklärung der deutschen Opfervereinigung HIOP AF447 e.V. warf Zweifel an den Zielen der französischen Behörde zur Aufklärung der Katastrophe auf. Sie fordert die sofortige Offenlegung aller aufgezeichneten Daten, damit die französische Justiz eine unabhängige Untersuchung einleiten könne.
Wörtlich betonen die Verfasser der Erklärung: „Vielmehr wird die Öffentlichkeit in zunehmendem Umfang auf einen Pilotenfehler als ursächlich vorbereitet (...) Diese von der BEA verfolgte Theorie wird bereits bisher mit willkürlich ausgewählten Sprachaufzeichnungen unterlegt. Die Hinterbliebenen halten dieses Vorgehen für empörend.“ Der Vorsitzende der französischen Opfervereinigung, Robert Soulas, äußerte sich am Freitag ähnlich. Im Rundfunksender Europe 1 meinte er, wirtschaftliche Erwägungen überschatteten die Untersuchung.
Neue Richtlinien
Als Konsequenz aus dem Absturz der Air-France-Maschine gab die BEA neue Sicherheitsempfehlungen heraus. Sie beziehen sich auf den Flugbetrieb, die Flugzeugzulassung und die Flugschreiber. Die BEA zog damit Konsequenzen aus ihrer Auswertung der Flugdatenschreiber des Todesfluges AF 447 mit 228 Toten. In einem dritten Zwischenbericht listete die Behörde eine Serie von Fehlern auf, die zu dem Unglück geführt haben.
Konkret wird daher die Aufnahme spezieller Übungen ins Trainingsprogramm der Linienpiloten empfohlen. Zudem sollen neue Richtlinien ein besseres Teamwork im Cockpit gewährleisten. Die weiteren Sicherheitsempfehlungen beziehen sich auf technische Einrichtungen. So sollten die zuständigen Behörden etwa die Installation einer bestimmten Anzeige prüfen. Sie soll beim abrupten Abschalten des Autopiloten und dem damit einhergehenden Wechsel zum manuellen Fliegen die Lage des Flugzeugs im Raum verdeutlichen. Zudem sollten spezielle Rekorder die Anzeigen im Cockpit als Bild aufzeichnen.
Kopilot wollte Turbulenzen ausweichen
Ende Mai war ein Zwischenbericht mit ersten Ergebnissen der Auswertung der erst im Frühjahr gefundenen Flugschreiber veröffentlicht worden. Darin wurden die Gespräche im Cockpit kurz vor der Katastrophe dokumentiert. So befand sich der Kapitän kurz vor Beginn der Probleme in der Ruhephase, einer der beiden Kopiloten hatte das Steuer übernommen. Wenig später informierte dieser Kopilot die Flugbegleiter, dass sie durch eine turbulente Zone fliegen würden. „Ich rufe dich zurück, sobald wir wieder draußen sind“, sagte er.
Der Kopilot steuerte die Maschine leicht nach links, um den Turbulenzen auszuweichen. Der Autopilot schaltete sich ab. Der Kopilot bestätigte, dass er nun die Steuerung übernehme. In diesem Moment fingen die Probleme an: Das Flugzeug begann nach rechts abzukippen, und der Kopilot zog es nach links in die Höhe.
„Haben keine gültigen Angaben“
Der Geschwindigkeitsmesser zeigte einen dramatischen Tempoverlust von etwa 509 auf nur noch 111 km/h an. Der Abfall der Geschwindigkeit wurde knapp eine Minute später auch auf einem zweiten Messgerät angezeigt. „Wir haben die Geschwindigkeiten verloren“, sagte einer der Kopiloten.
Der zweite Kopilot versuchte mehrfach, den Flugzeugkapitän ins Cockpit zurückzurufen. Das Flugzeug stieg unterdessen immer weiter nach oben und schwankte stark. Der Kopilot drückte den Steuerknüppel eine halbe Minute lang bis zum linken Anschlag. Als der Pilot im Cockpit war, stellte er fest: „Wir haben keine gültigen Angaben mehr.“
Vorgehen entsprach Regeln
Daraufhin zog der Kopilot das Flugzeug nach unten und wollte dem Flugkapitän die Steuerung überlassen. Die letzten Aufzeichnungen vermerken eine Absturzgeschwindigkeit von etwa 200 km/h. Der Absturz dauerte insgesamt dreieinhalb Minuten.
Die Unfallermittler betonten damals, dass die Besatzung des Cockpits den Regeln entsprechend gehandelt habe. Tatsächlich sind Ruhepausen für Piloten bei Langstreckenflügen üblich. Der Kapitän sei eineinhalb Minuten nach Abschalten des Autopiloten wieder im Cockpit gewesen.
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