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„Werden Geborgenheit zurückerobern“

Am Montagabend haben sich Hunderttausende Norweger in Oslo und anderen Städten im Gedenken an die Opfer von Freitag zu „Blumenzügen“ versammelt. In der Hauptstadt füllte die Menschenmenge weite Teile der Innenstadt am Rathaus. Laut Polizei nahmen 100.000 Menschen an dem Trauermarsch teil.

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„Heute sind unsere Straßen mit Liebe gefüllt“, rief Kronprinz Haakon vor 100.000 Menschen in Oslo aus. Der Thronfolger sagte, man könne die Anschläge vom 22. Juli mit vielen Toten nicht ungeschehen machen. „Aber wir können selbst wählen, was sie mit uns machen.“ Er forderte seine Landsleute auf, sich aktiv für ein Norwegen einzusetzen, in dem „Verschiedenheit als Chance begriffen wird“.

Trauermarsch in Oslo

APA/EPA/Vegard Groett

Via Facebook wurde zum Trauermarsch aufgerufen

Ministerpräsident Jens Stoltenberg sagte vor der riesigen Menschenmenge: „Norwegen wird diese Prüfung bestehen. Das Böse kann Menschen töten, aber niemals ein ganzes Volk besiegen. Wir werden uns unsere Geborgenheit zurückerobern.“ Die Antwort der Menschen auf die Anschläge müsse aus „mehr Offenheit, mehr Demokratie, mehr Bestimmtheit“ bestehen. In Erinnerung an den Überfall auf Norwegen durch das nationalsozialistische Deutschland 1940 sagte er: „Unsere Väter haben versprochen: Nie wieder ein 9. April. Wir versprechen: Nie wieder ein 22. Juli.“

Polizei korrigiert Opferzahl nach unten

Davor hatte die norwegische Polizei am Montag die Zahl der Anschlagstoten von insgesamt 93 auf 76 nach unten korrigiert. Demnach wurden auf der Insel Utöya 68 Menschen getötet, bisher war von 86 Toten die Rede gewesen. Dagegen stieg die Zahl der Toten bei dem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel von sieben auf acht.

Die ursprüngliche Zahl sei der „sehr schwierigen Ermittlungslage“ nach der Bombenexplosion in Oslo und dem Massaker auf der Insel Utöya geschuldet, begründete ein Polizeisprecher den großen Unterschied. Das gelte vor allem für die Suche nach Toten, Vermissten und Überlebenden auf der kleinen Insel. Auf der Insel westlich von Oslo wird weiter nach Vermissten gesucht, hieß es. Je nach dem Ergebnis könnten sich die Zahlen noch ändern.

Ein Mann und eine Frau mit Blumen in der Hand weinen am Ufer vis a vis der Insel Utoya

AP/Matt Dunham

Trauernde vor Utöya gedenken der Opfer des Massakers.

Schweigeminute in Gedenken an Opfer

Montagmittag legten die Länder des Nordens Montagmittag eine Schweigeminute ein. An dem öffentlichen Gedenken beteiligten sich aus Solidarität mit Norwegen auch Schweden, Dänemark, Island und Finnland. Dort hatten die Regierungen die Bevölkerung dazu aufgerufen, die Opfer ebenfalls zu würdigen. An sämtlichen offiziellen Gebäuden standen die Landesfahnen zum Zeichen der Trauer auf halbmast. In Norwegen stand auch der Bahnverkehr um 12.00 Uhr für eine Minute still, auch auf den Flughäfen und an der Börse wurde die Arbeit während der Schweigeminute niedergelegt.

„Jedes einzelne Opfer eine Tragödie“

Bereits am Sonntag hatte Stoltenberg die Opfer des Blutbads bei einem Gedenkgottesdienst in der Kathedrale von Oslo gewürdigt. „Jedes einzelne Opfer ist eine Tragödie“, sagte er im Beisein des norwegischen Königspaares und mehrerer Minister in der Kathedrale. Norwegen werde aber „seine Werte niemals aufgeben“. Bald würden die Namen und Bilder der Getöteten veröffentlicht: „Dann wird sich das Ausmaß des Bösen zeigen“, sagte Stoltenberg - Video dazu in iptv.ORF.at. Viele Trauernde begannen angesichts des Ausmaßes der Bluttat zu weinen, auch König Harald standen Tränen in den Augen, als Stoltenberg die unfassbar vielen Toten der zwei Anschläge ehrte.

Stiefbruder Mette-Marits unter Opfern

Unterdessen wurde bekannt, dass sich unter den Opfern des Massakers auf der Insel auch ein Stiefbruder der norwegischen Prinzessin Mette-Marit befindet. Wie die Zeitung „Dagbladet“ am Montag in ihrer Onlineausgabe berichtete, wurde der 51-jährige Polizist Trond Berntsen erschossen, als er seinen zehnjährigen Sohn schützen wollte. Berntsens Vater war mit der Mutter Mette-Marits, Marit Tjessem, verheiratet.

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