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„Wechseln von politischem Kleingeld“

Der mutmaßliche Attentäter von Norwegen wird von der Polizei als „christlicher Fundamentalist“ mit Kontakten zu rechtsextremen Kreisen bezeichnet. Die FPÖ sah sich am Montag offenbar genötigt, vor dem „Wechseln von politischem Kleingeld“ in diesem Zusammenhang zu warnen. Auch andere rechtsgerichtete Parteien in Europa äußerten sich zu den Angriffen.

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Als „primitiven und letztklassigen Versuch von ORF, SPÖ und ÖVP“ bezeichnet FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache den „Versuch, das psychopathische Verbrechen und die unfassbaren und grausamem Morde eines irren norwegischen Killers mit der österreichischen Innenpolitik in Verbindung bringen zu wollen“. Das sei pietätlos, so Strache in einer Aussendung am Montagabend.

Scharfe Kritik an Historiker

Der stellvertretende FPÖ-Klubchef und Vizeparteiobmann Johann Gudenus schoss sich auf den Historiker Gerhard Botz und dessen Aussagen ein. „Botz wollte mit der Tragödie von Norwegen gezielt Stimmung gegen die Freiheitlichen machen. Zu erklären, wer kritisch gegenüber Islamisten und ungezügelter Zuwanderung ist, bereite den Nährboden für verrückte Amokläufer, ist falsch und extrem unwissenschaftlich“, so Gudenus in einer separaten Aussendung.

Im „Runden Tisch“ Sonntagabend in ORF2 hatte Botz wörtlich gesagt: „Die Ziele dieses Menschen, so verrückt oder psychopathisch er sein mag, werden ihm von einer breiten Denkstruktur vorgegeben.“ Konkret verwies er auf das Gedankengut von Parteien wie der norwegischen Fortschrittspartei, der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der FPÖ.

NPD zieht Vergleich zu Hitler-Attentat

Das Präsidium der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) teilte mit: „Die Politiker der BRD versuchen die Anschläge eines Ökobauern in Norwegen für ihre Zwecke auszunutzen.“ Die jetzt reflexartig vorgetragene Forderung nach einem NPD-Verbot werde nach „Oslo“ nicht richtiger als vorher. „In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass die politische Klasse der BRD erst vor wenigen Tagen den Bombenanschlag vom 20. Juli (gescheitertes Attentat auf Adolf Hitler 1944, Anm.) erneut als legitimes Mittel der Politik gefeiert hat. Auch bei diesem Anschlag kamen Unschuldige zu Tode“, fügte die Parteiführung hinzu.

„Aus dem seelischen Gleichgewicht“

Die französische Front National (FN) wandte sich gegen die NGO Bewegung gegen den Rassismus und für die Völkerfreundschaft (Mouvement contre le racisme et pour l’amitie entre les peuples, MRAP). Diese hatte rechten Parteien in Europa für „das schädliche Klima, das auf dem Kontinent lastet“, eine Verantwortung zugewiesen.

FN-Chefin Marine Le Pen, die den Angehörigen der Opfer kondolierte, ließ auf der Homepage der Partei wissen: „Die Front National ist ganz offensichtlich vollkommen unbeteiligt an dem norwegischen Massaker, welches das Werk eines aus dem seelischen Gleichgewicht gebrachten Einzelnen ist, der schonungslos bestraft werden sollte.“ Die MRAP benutze die tragischen Ereignisse, um Verwirrung zu erzeugen, und missachte den Schmerz der Angehörigen der Opfer.

„Manifest“ „über Umwege“ erhalten

In Finnland dementierte der für seine ausländer- und islamfeindlichen Verbalausritte berüchtigte Abgeordnete der rechtspopulistischen Wahren Finnen, Jussi Halla-aho, das „Manifest“ direkt von dem norwegischen Attentäter Anders Behring Breivik erhalten zu haben. Er habe das Dokument lediglich „über Umwege“ erhalten. In Schweden räumte ein Ex-Mitglied der rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) ein, das „Manifest“ im Voraus bekommen zu haben. Die SD distanzierte sich von der Gewalttat.

Breivik schickte Mail an ungarische Rechtsextreme

Auch die rechtsextreme ungarische Jugendbewegung „64 Burgkomitate“ räumte am Montag ein, einen Tag vor dem Blutbad in Norwegen ein E-Mail des Attentäters erhalten zu haben. Der Chef der Jugendbewegung, Laszlo Toroczkai, sagte im ungarischen Privatsender TV2, dass auch andere nationalistische Organisationen ähnliche Mails erhalten haben könnten. Breivik habe die Botschaft von seiner eigenen E-Mail-Adresse verschickt. In dem Mail habe Breivik einen „Aufruf an die europäischen Patrioten“ gestartet und den Islam als „Feind Nummer eins“ bezeichnet. Zugleich habe er auf sein 1.500-Seiten-Pamphlet aufmerksam gemacht, das unter dem Titel „2083“ im Internet zu finden ist.

Toroczkai sagte weiter, er habe den Brief erst am Tag nach der Tat gelesen. Aus dem Schreiben gehe nicht hervor, was der Norweger konkret geplant hatte. Toroczkai bezeichnete den Attentäter als „geistig gestört“. Es gebe „Dinge, in denen ideologisches Einvernehmen herrscht zwischen unserer Bewegung und Anders Behring Breivik“, gab Toroczkai zu. Doch von der Tat des Massenmörders würde sich seine Bewegung distanzieren, diese sogar verurteilen.

Für die rechtspopulistische Dänische Volkspartei reagierte deren Parlamentsabgeordneter Sören Espersen: Seine Partei weise Parteien und Bewegungen, die die Demokratie beseitigen und mit diesem Ziel vor Augen mit Terror, Angstmacherei, mit Gewalt und dem Aufruf zur Gewalt agierten, zurück. „Sie bekämpfen wir, sie stoßen wir aus“, so der rechtspopulistische Abgeordnete.

Lega Nord: „Dschihad-Kultur“

So wie die Front National hat auch für Italiens rechtspopulistische Regierungspartei Lega Nord das Blutbad nichts mit dem politischen Kampf gegen eine multikulturelle Gesellschaft zu tun. Vielmehr sei das die Tat eines „aus dem psychischem Gleichgewicht gebrachten Einzelnen“, so der Minister der Lega Nord, Roberto Calderoli.

Der Europaabgeordnete der Lega Nord, Mario Borghezio, meinte, das Massaker in Norwegen sei Ausdruck einer „Dschihad-Kultur“, die absolut nichts mit der politischen Linie der föderalistisch gesinnten Partei zu tun habe, die jegliche Form von Gewalt verwerfe. Das Blutbad in Norwegen beweise jedoch, dass die Angst vor Ausländern verbreitet sei. „Nur die Engstirnigkeit gewisser Politiker kann dieses Problem unterschätzen“, sagte Borghezio im Gespräch mit der APA.

Wilders: Täter „krank“

Der rechtsextreme belgische Vlaams Belang betonte auf seiner Homepage, dass Widerstand gegen die multikulturelle Idee keinem Aufruf zur Gewalt gleichkomme. Der mutmaßliche Täter verstehe offenbar nichts vom Nationalismus, denn Nationalismus lebe von der Liebe zu seinem Volk und nicht vom Hass.

Der niederländische Islamgegner Geert Wilders, von dessen Freiheitspartei (PVV) die Regierung des Landes abhängt, distanzierte sich laut „Irish Times“ (Onlineausgabe) von dem mutmaßlichen Täter, den er als „gewalttätig und krank“ einstufte. Auf seiner Website schrieb Wilders demnach, die PVV verabscheue alles, wofür Breivik stehe und was er getan habe.