Akute Nahrungsmittelknappheit
Die Dürrekatastrophe am Horn von Afrika, die bisher rund eine halbe Million Somalier in die Flucht getrieben hat, betrifft auch einen großen Teil des Nachbarlandes Kenia mit seinen rund 40 Millionen Einwohnern. Im Norden und Osten des Landes inklusive der Küstenregion ist die Versorgung mit Nahrungsmitteln kritisch.
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Bis zu dreieinhalb Millionen Menschen sind in der beliebten Tourismusdestination von der Dürre direkt betroffen. Darauf machte am Dienstag die Hilfsorganisation African Medical and Research Foundation (AMREF) - die größte NGO auf dem Gesundheitssektor in Ostafrika - aufmerksam. In einigen Regionen im Nordosten Kenias leidet ein Drittel der Menschen unter akuter Mangelernährung.
„Schockierende Schwere“
Die Vereinten Nationen erklärten die dramatische Lage wegen der Dürre in Teilen Somalias unterdessen offiziell zur Hungersnot. Der Schritt sei wegen der „schockierenden Schwere der somalischen Krise“ nötig geworden, sagte Mark Bowden, der UNO-Koordinator für humanitäre Hilfe in Somalia, am Mittwoch in Nairobi. Eine Hungersnot wird dann ausgerufen, wenn mehr als 30 Prozent der Kinder unterernährt sind und täglich zwei von 10.000 Menschen durch die Lebensmittelknappheit ums Leben kommen.
In Teilen Südsomalias liege die Sterblichkeitsrate bereits bei sechs Menschen auf 10.000 Einwohner, sagte Bowden. „Die Menschen sind nicht mehr in der Lage, Lebensmittel zu finden.“ Bisher war die Lage als „Emergency“ - Notsituation - eingestuft worden. Diese liegt eine Stufe unter einer Hungersnot.
Ausgefallene Ernten ließen die Preise laut AMREF für das Hauptnahrungsmittel Mais binnen eines Jahres auf das Doppelte steigen. Auch Erdäpfel seien mittlerweile doppelt so teuer wie vor zwölf Monaten. Austrocknete Weidegründe haben Völker im Norden Kenias, die traditionell von Viehzucht leben, ebenfalls in die Flucht getrieben. Die Dürre hat in der ohnehin wüstenartigen Region den Kampf um Wasser, der immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Ethnien führt, verschärft.
Weite Strecken bis zu Wasserlöchern
Für Schule bleibt in den von Trockenheit betroffenen Regionen wenig Zeit: Mädchen, zu deren traditionellen Pflichten das Wasserholen gehört, müssen noch weitere Strecken zum nächsten Wasserloch zurücklegen und haben keine Möglichkeit mehr, den Unterricht zu besuchen. Buben sind mit dem Vieh unterwegs - auf der Suche nach Wasser und Weidegründen.
AMREF fordert kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen. Dazu gehört das Anlegen von Wasserlöchern und Sammelanlagen für Regenwasser, die Errichtung von Latrinen, die Versorgung mit Medikamenten. Vermehrt sollen auch 10.000-Liter-Wassertanks installiert werden. Die nächste - kleine - Regenzeit soll im Herbst kommen, der „große“ Regen wird für März bis Mai kommenden Jahres erwartet.
Sterblichkeit höher als bei anderen Dürren
Die Sterblichkeit unter somalischen Dürreflüchtlingen ist laut UNO-Angaben deutlich höher als sonst in Krisen. Die Situation in dem äthiopischen Flüchtlingslager Dolo Ado, in das Tausende Somalier vor der Dürre in ihrem Land geflohen sind, sei furchtbar, sagte Paul Spiegel vom UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Dienstag in Genf. In dem Lager seien im Juni im Schnitt täglich 7,4 pro 10.000 Menschen gestorben, sagte der Leiter der UNHCR-Abteilung für öffentliche Gesundheit.
Das liege deutlich über der normalen Sterblichkeitsrate in Subsahara-Afrika von 0,5 und der Sterblichkeitsrate in Krisenzeiten von 1,0. Laut UNO-Kriterien herrscht eine Hungersnot, wenn die Sterblichkeitsrate über die Grenze von zwei Toten pro 10.000 Menschen am Tag steigt und wenn 30 Prozent der Bevölkerung einer Region von den Folgen der Hungersnot betroffen sind.
Friedhof in Flüchtlingscamp entdeckt
In Äthiopien ist auch ein drittes, erst vor wenigen Wochen eröffnetes Flüchtlingslager bereits voll, wurde am Dienstag gemeldet. Mit fast 25.000 Menschen sei das Lager Kobe seit vergangenem Samstag voll ausgelastet, sagte UNHCR-Koordinator Jo Hegenauer bei einem Besuch in der Region der Nachrichtenagentur dpa. „Ein weiteres Camp ist schon in Vorbereitung“, betonte er. Die Sterblichkeitsrate in den Zentren an der somalischen Grenze sei extrem hoch, „besonders bei Kleinkindern“.
Ein Mitarbeiter des Welternährungsprogramms (WFP) sagte, erst vor wenigen Tagen sei mitten in Kobe ein Friedhof entdeckt worden, auf dem die Flüchtlinge offenbar ihre verstorbenen Familienangehörigen beigesetzt hätten. „Die ankommenden Menschen sagen uns immer wieder, dass sie großen Hunger haben“, erklärte Hegenauer. Das WFP verteilt als Erstversorgung unter anderem mit Vitaminen und Mineralien angereicherte Lebensmittel, während „Ärzte ohne Grenzen“ die unterernährten Kinder medizinisch versorgt.
Insgesamt leben derzeit über 112.000 Menschen in den drei äthiopischen Camps in der Region Dolo Ado. Die meisten von ihnen sind Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren. Wie ihre Zukunft aussieht, ist ungewiss: „Die internationale Gemeinschaft wird irgendwann über ihr Schicksal entscheiden, aber traditionell bleiben die Somalier sehr lange in den Flüchtlingscamps“, sagte Hegenauer.
Spendenmöglichkeit
- Caritas: PSK 7.700 004, BLZ 60.000, Kennwort: Hungerhilfe; Caritas online spenden (www.caritas.at)
- CARE: PSK 1.236.000, BLZ 60.000; CARE online spenden(www.care.at/spenden)
- Diakonie Katastrophenhilfe: PSK 2.313.300, BLZ 60.000, Kennwort: Somalia; Diakonie online spenden
- Ärzte ohne Grenzen: PSK 93.040.950, BLZ 60.000, Kennwort: Notfallfonds „Ostafrika“; Ärzte ohne Grenzen online spenden
- World Vision Österreich: PSK 90.890.000, BLZ 60.000, Kennwort: Hunger Afrika; World Vision online spenden
- UNICEF: PSK 1.516.500, BLZ 60.000, Kennwort: Kinder Horn von Afrika; UNICEF online spenden(www.unicef.at/spenden)
- Kindernothilfe: PSK 92.144.077, BLZ 60.000, Kennwort: Dürre Afrika; Kindernothilfe online spenden
- Österreichisches Rotes Kreuz, PSK 2.345.000, BLZ 60.000, Kennwort: Dürre in Afrika; Rotes Kreuz online spenden
- Hilfswerk Austria International, PSK 90.001.002, BLZ 60.000, Kennwort: Dürre in Afrika
- AMREF Österreich, Hypo Salzburg 211.018.700, BLZ 55.000
- Entwicklungshilfeklub, Erste Bank 31.005.405.150, BLZ 20.111
- Volkshilfe, PSK 1.740.400, BLZ 60.000, Kennwort: Dürre Afrika;Volkshilfe online spenden(volkshilfespende.taosecure.com
- Missio Päpstliche Missionswerke, PSK 7.015.500, BLZ 60.000, Kennwort: Dürre; Missio online spenden
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