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Angst vor Unterwanderung

Der vor zwei Monaten von einer US-Spezialeinheit in Pakistan getötete Al-Kaida-Chef Osama bin Laden ist vor seinem Tod offenbar vollauf mit dem Kampf gegen Absetzbewegungen innerhalb des Terrornetzwerks beschäftigt gewesen. Vor allem mögliche Spione machten Bin Laden zu schaffen.

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Wie die „Washington Post“ am Samstag unter Berufung auf hochrangige Regierungsbeamte berichtete, geht aus in Bin Ladens Versteck sichergestellten Dokumenten und Aufnahmen hervor, dass sich viele regionale Al-Kaida-Führer über zunehmende US-Drohnenangriffe beklagten. Andere sorgten sich demnach um die sich verschlechternde Finanzlage der Terrororganisation.

Eigene Einheit sollte Spione finden

Nach Angaben der Zeitung ordnete Bin Laden vor seinem Tod am 2. Mai daher die Gründung einer Einheit an, die Verräter und Spione aufdecken sollte. Deren Chef soll sich jedoch schon bald über eine unzureichende Finanzierung seiner Arbeit beklagt und gewarnt haben, dass Al-Kaida den „Kampf der Spione“ verlieren werde.

Bin Laden selbst habe während der letzten Monate seines Lebens zudem fieberhaft überlegt, wie er den USA nach dem 11. September 2001 weiteren Schaden im eigenen Land zufügen könne, schrieb das Blatt. Er habe diesbezüglich geradezu „Wahnvorstellungen“ gehabt, zitierte es einen US-Regierungsvertreter.

Entführungen als Lösung von finanziellen Problemen

Al-Kaida greift für seine Finanzierung offenbar zunehmend auf Entführungen mit Lösegeldforderungen zurück. Die im Anwesen von Bin Laden gefundenen Dokumente zeigten, dass Entführungen als Mittel gegen die finanziellen Probleme des Netzwerks gesehen würden, sagte ein US-Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte, Mitte Juni der Nachrichtenagentur AFP.

Es sei klar, dass sich Al-Kaida in den vergangenen Jahren der Entführungen bedient habe, um damit „terroristische Operationen“ zu finanzieren, sagte ein weiterer US-Vertreter. In internationaler Zusammenarbeit wird seit 2001 versucht, den Zahlungsverkehr zur Finanzierung des Terrorismus zu identifizieren und zu stoppen. Das geschieht überwiegend durch die Überwachung internationaler Geldtransfers.

Private Spenden aus arabischen Ländern

Nach Einschätzung der USA stellen allerdings vor allem private Spenden aus Saudi-Arabien noch immer „die wesentliche Finanzierungsquelle sunnitischer Terrorgruppen“ dar, wie aus einer US-Depesche von 2009 hervorgeht, die das Enthüllungsportal WikiLeaks veröffentlichte.

Andere Depeschen zeigen die Nachsichtigkeit anderer Länder der Region im Kampf gegen die Finanzierung dieser Gruppen auf. Dabei werden vor allem Katar und Kuwait genannt. Einem ranghohen Vertreter des US-Finanzministeriums zufolge verlor Al-Kaida mit dem Tod Bin Ladens jedoch eine Symbolfigur zur Beschaffung finanzieller Mittel.

US-Justiz schloss Fall Bin Laden

Die US-Justiz hat unterdessen alle Anklagepunkte gegen Bin Laden nach dessen Tötung fallengelassen. Einem entsprechenden Antrag gab ein New Yorker Bezirksrichter Mitte Juni statt. Es handelt sich dabei um das übliche Vorgehen nach dem Tod eines Beschuldigten.

Bin Laden war in mehr als 200 Punkten angeklagt, darunter Mord und Verschwörung zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen Zivilisten. Zudem wurde ihm die Beteiligung an den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahr 1998 angelastet. Keine der Anschuldigung stand jedoch im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September 2001.

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