„Sehr schwierige Diskussion“
Der Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, kritisiert die Ratingagenturen wegen ihrer strengen Vorgaben für die Griechenland-Hilfe.
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Ihm sei aufgefallen, dass die (großteils US-amerikanischen, Anm.) Ratingagenturen in dieser europäischen Angelegenheit „sehr viel strikter und aggressiver sind als bei ähnlichen Fällen in Südamerika“, sagte der OeNB-Gouverneur Montagabend in der ZIB2. Zuletzt hatte die weltgrößte Agentur Standard & Poor’s (S&P) den französischen Vorschlag, mit dem private Gläubiger an der Rettungsaktion für Griechenland beteiligt werden sollten, zurückgewiesen.
Nowotny sprach von einer „sehr schwierigen Diskussion“ mit den Ratingagenturen, da auch ein Teilverzicht als Ausfall gewertet würde. Überhaupt gebe es eine „eigenartige Situation“. Die Banken selber seien nämlich durchaus bereit, sich an der Rettung zu beteiligen, weil sie Interesse an der Stabilität Griechenlands hätten.
Alles besser als Schuldenerlass
Ob die nach dem positiven Votum des griechischen Parlaments zum Sparpaket der Regierung freigegebenen Hilfen für Athen letztlich erfolgreich sein werden, wollte Nowotny nicht beurteilen. Es gebe immerhin bessere Voraussetzungen als beim ursprünglichen Hilfsprogramm. Garantien könne aber niemand geben. Besser sei der nun eingeschlagene Weg jedenfalls als ein - auch diskutierter - Teilschuldenerlass. Dieser würde de facto einen Staatsbankrott und damit eine unglaubliche Wertvernichtung bringen. In einem solchen Fall würde auch die EZB, die seit Beginn der Finanzkrise zahlreiche Griechenland-Anleihen aufkaufte, milliardenschwere Verluste erleiden.
„Provokation“ von S&P
Noch viel schärfer als Nowotny reagierte der bayrische Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) auf die Warnung von S&P. Diese sei „unangemessen und wenig hilfreich“, sagte Fahrenschon der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag-Ausgabe). Gerade die US-Ratingagenturen hätten vor der Finanzmarktkrise als Frühwarnsystem und bei der Einschätzung von Risiken „eklatant versagt“.
Wenn dieselben Ratingunternehmen nun notwendige „Rettungsmaßnahmen“ der Euro-Länder und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zusätzlich erschwerten, zeuge das von „mangelnder Verantwortung“ und könne nur als „bewusste Provokation gegenüber den europäischen Steuerzahlern“ gewertet werden, so Fahrenschon. Die Europäer müssten sich vom Diktat der US-Ratingagenturen frei machen, die vorschrieben, wann die Europäische Zentralbank (EZB) eine Anleihe als Sicherheit akzeptieren dürfe und und wann nicht. Deshalb seien „unabhängige europäische Ratingagenturen“ dringend nötig.
„Sehr fragwürdige Rolle“
Der Chef des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, sagte der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Dienstagsausgabe), die Ratingagenturen spielten eine „sehr fragwürdige Rolle“. Die Politik habe sich in die Hände eines Monopols weniger Bewertungsinstitute begeben. Es sei notwendig, die Macht der Ratingagenturen einzuschränken und wieder zu anderen Maßstäben der Bewertung zurückzukehren.
Seit dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers, der die weltweite Finanzkrise auslöste, haben führende europäische Politiker immer wieder gefordert, man müsse eine europäische Ratingagentur als Gegengewicht zu den US-amerikanischen schaffen. Doch gab es bisher keine konkreten Schritte in diese Richtung.
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