Kauf für über zehn Mio. Euro
Nachdem die dänischen Behörden den 1971 ausgerufenen „Freistaat Christiania“ in der Hauptstadt Kopenhagen jahrelang zähneknirschend dulden mussten, gibt es nun eine Lösung im Streit über die alternative Wohnsiedlung. Die Bewohner nehmen ein Verkaufsangebot des Staates für das Areal an, sagte der Anwalt des „Freistaates“, Knud Foldschack, am Dienstag im dänischen Rundfunksender DR.
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Seit der Besetzung des früheren Kasernengeländes im Jahr 1971 hatten wechselnde Regierungen in Dänemark immer wieder vergeblich versucht, dem „Freistaat“ bzw. der „Freistadt“ („Fristad“) mit juristischen und politischen Mitteln zu Leibe zu rücken. Der Versuch, das Projekt zu Fall zu bringen scheiterte schon anfangs, ab 1972 wurde die „Hippie-Republik“ mehr oder minder stillschweigend als „soziales Experiment“ geduldet. Die Bewohner verpflichteten sich im Gegenzug, die Betriebskosten für das Areal zu übernehmen.
Einigung mit Regierung
Nach dem nun mit dem Verteidigungsministerium in Kopenhagen ausgehandelten Modell dürfen die heute rund 700 „Christianiter“ auf ihrem besetzten Gelände bleiben, müssen die Wohnanlage allerdings für 76,2 Mio. Kronen (rund 10,2 Mio. Euro) über einen Fonds kaufen. Außerdem müssen sie Bauauflagen der Behörden erfüllen.

EPA/Jens Noergaard Larsen
Die Polizei reißt nicht genehmigte Stände ab.
„Druck zur Normalisierung“
Zuletzt hatte die Kommune im April mit einer Protestaktion gegen den „Druck zur Normalisierung“ auf sich aufmerksam gemacht. Geschäfte, Strände und Lokale wurden für Besucher geschlossen. Der „Druck“ war tatsächlich größer geworden, nachdem der Staat den vier Jahrzehnte dauernden Rechtsstreit über das Gelände Ende Februar für sich entscheiden hatte können. Anschließend bot die Regierung den „Christianitern“ an, das Areal im Stadtviertel Christianshavn für 150 Mio. Kronen zu erwerben - also fast um das Doppelte der nun vereinbarten Summe.
2006 und 2008 hatten die Bewohner den Staat geklagt und ein Nutzungsrecht für das von ihnen besetzte Land eingefordert. Die Pläne der Regierung zur Räumung der Siedlung würden Christiania zerstören, argumentierten sie. Seit 2004 war die Polizei trotz der Duldung der Kommune vermehrt gegen den Drogenhandel in der Siedlung vorgegangen. Die Regierung kündigte an, einige Häuser abreißen zu lassen, was zu teils gewaltsamen Protesten der Bewohner führte.
Keine Mietverträge, keine Eigentumswohnungen
2009 sprach ein Gericht in Kopenhagen den Bewohnern das Bleiberecht ab. Nun werde „Christiania von einem anarchistischem Ort mit spannenden Ideen zu einem legalen Experimentarium“, sagte Foldschack zu der Vereinbarung zwischen dem Staat und dem auch international bekannten „Freistaat“. Unter Kopenhagen-Touristen ist Christiania neben der Kleinen Meerjungfrau und dem Vergnügungspark Tivoli das beliebteste Ausflugsziel.
In der „Hippie-Republik“ gibt es weder Mietverträge noch Wohnungseigentum, eigene Autos sind genauso verpönt wie Gewalt, Waffen und harte Drogen. Politische Entscheidungen werden in einem „Plenum“ und einer „Gebietssitzung“ getroffen.
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