Über 160 Anklagen
Nach fast 16-jähriger Flucht ist der frühere bosnisch-serbische Armeechef Ratko Mladic am 26. Mai verhaftet worden. Vor dem UNO-Tribunal in Den Haag muss er sich nun wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs verantworten. Bisher wurden beim Tribunal mehr als 160 mutmaßliche Täter wegen schwerer Verbrechen in den Balkan-Kriegen angeklagt.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Darunter war der jugoslawische Ex-Präsident Slobodan Milosevic, der 2006 vor dem Ende seines Prozesses im Gefängnis starb. Er war im Mai 1999, kurz nach dem Beginn der NATO-Luftschläge gegen Serbien wegen der Kosovo-Krise, vom Tribunal angeklagt worden. Zwei Jahre später wurde er ausgeliefert. Mehr als 60 Angeklagte wurden verurteilt, rund 40 Verfahren laufen noch - darunter das gegen den politischen Serbenführer Radovan Karadzic. Die Höchststrafe des Gerichts ist lebenslange Haft.

AP/Sava Radovanovic
Karadzic wird vor dem UNO-Tribunal der Prozess gemacht.
Mladic hatte bei seinem ersten Auftritt vor dem Tribunal die Anklage als „abscheulich“ und „monströs“ bezeichnet. Am 4. Juli soll er sich nun dazu äußern. Serbien hatte sich die vergangenen Jahre den Vorwurf gefallen lassen müssen, nicht ausreichend mit dem Kriegsverbrechertribunal zu kooperieren. Das war lange auch Stolperstein bei der Annäherung an die EU.
Karadzic als Arzt in Belgrad
Auch Karadzic wurde nach langer Flucht gefunden. Seine Festnahme erfolgte im Juli 2008. Er hatte - mit verändertem Aussehen - als Arzt in Belgrad praktiziert. Seit Oktober 2009 wird gegen ihn der Prozess in Den Haag geführt. Der Psychiater war während des Bosnien-Kriegs Präsident der Republika Srpska und damit politischer Kopf der bosnischen Serben. Vorgeworfen werden ihm Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit - auch in Srebrenica.
Gotovina auf Teneriffa verhaftet
Ebenfalls mit Kriegsverbrechen verbunden ist der Name Ante Gotovina. Der ehemalige kroatische General wurde im April 2011 vom UNO-Tribunal in erster Instanz zu einer Haftstrafe von 24 Jahren verurteilt. Ihm war zur Last gelegt worden, während des Kroatien-Krieges als Oberbefehlshaber der kroatischen Truppen bei der Operation „Sturm“ in der Krajina Kriegsverbrechen gegen Serben befohlen zu haben. Gegen das Urteil wurde am 16. Mai 2011 Berufung eingelegt.
Gotovina war schon 2001 angeklagt worden. Er wurde aber erst im Dezember 2005 auf Teneriffa verhaftet. Auch seine jahrelange Flucht hatte die EU-Beitrittsambitionen Kroatiens lange Zeit behindert. Nach dem Urteil gegen ihn war in Kroatien die Zustimmung zu einem EU-Beitritt auf einem Tiefpunkt.
Links: