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Vorbildwirkung für andere Unis

Die Ankündigung des Rektors der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Christoph Badelt, hatte für Aufregung gesorgt. Er wolle nun über den Rechtsweg ein höheres Budget für die WU einklagen. Er habe fast fünfmal so viele Studierende wie verfügbare Kapazitäten, dürfe aber keine Plätze beschränken und bekomme auch kein zusätzliches Geld, begründete er seinen Schritt.

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Allein für 2010 bis 2012 brauche er zusätzlich 64,4 Millionen Euro pro Jahr. Damit könnte er die Kapazitäten der WU um zwei Drittel ausbauen. Für den Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk sind die Erfolgschancen bei dem Verfahren „relativ groß“. Mit seiner Ankündigung setzt Badelt erstmals diesen Rechtsschritt einer Uni. Möglich ist dieser aufgrund des Universitätsgesetzes.

Besteht „eklatantes Missverhältnis“

Wenn die Uni nicht damit leben könne, was ihr angeboten wird, komme eine für jeweils drei Jahre verhandelte Leistungsvereinbarung zwischen Uni und Bund nicht zustande. Dann komme ein Schlichtungsverfahren zu tragen, so Funk. Dabei entscheidet dann eine Kommission.

WU in Zahlen

Die Kapazitäten der WU liegen im Bachelorstudium bei 1.300 Absolventen bzw. 3.700 Studienanfängern. Im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre inskribierten aber mehr als 6.000 Personen. Das derzeitige Budget liegt bei 99,3 Millionen Euro pro Jahr.

Sollte die Schlichtungskommission gegen Badelt entscheiden, gebe es laut Funk immer noch Chancen mit einer Anfechtung beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH): „Wenn es tatsächlich so ist, dass ein eklatantes Missverhältnis zwischen den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln und den Unimöglichkeiten besteht, wird auf einer der beiden Ebenen zugunsten der Uni entschieden werden“, analysierte Funk.

Für Badelt ist das Missverhältnis offensichtlich. Bei Verhandlungen mit dem Ministerium seien ihm Platzbeschränkungen zugesagt, dann aber nie eingeführt worden. „Wichtige Rahmenbedingungen haben sich geändert“, argumentiert der WU-Rektor. Denn dadurch gab es weder Geld noch die Möglichkeit, die Zahl der Studierenden zu begrenzen.

„Beispielwirkung“ entscheidend

Wie auch immer das Verfahren ausgeht. Eine entscheidende Rolle spiele die „Beispielwirkung“, betonte der Jurist Funk. Schon nach der Ankündigung Badelts am Dienstag signalisierten einige Rektorenkollegen, darunter Hans Sünkel, Präsident der Universitätenkonferenz (uniko), Sympathie und Zustimmung. Sünkel: „Ich stehe hundertprozentig hinter Badelt.“

WU-Rektor Christoph Badelt

AP/Hans Punz

WU-Rektor Christoph Badelt

Sollte Badelt recht bekommen, würden sicher andere Rektoren folgen, so Sünkel. Das Wissenschaftsministerium kann das nicht nachvollziehen: „Die WU ist ein Sonderfall. Dass dadurch jede andere Universität in dieser laufenden Periode vor die Schlichtungskommission gehen und mehr Geld einfordern kann, das gibt es nicht.“

Grüne fordern zum Handeln auf

Am Freitag forderten die Grünen die Rektoren aller anderen Unis dazu auf, Badelt in einer „legitimen Notwehraktion“ zu folgen und wegen der Leistungsvereinbarungen mit dem Wissenschaftsministerium zur Schlichtungskommission zu gehen. „Die Unis können sich das nicht mehr bieten lassen“, ist Grünen-Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald überzeugt.

Die Unis würden sich in diesen Verträgen zu vielen Leistungen verpflichten, „das ist aber alles nicht möglich, weil das Geld fehlt“, so Grünewalds Argument, wieso seiner Meinung nach auch andere Unis als die WU eine Chance auf ein höheres Budget auf dem Rechtsweg hätten. Für die kommende Leistungsvereinbarungsperiode allein würden die Unis zur Egalisierung der Inflation zusätzliche 250 Millionen Euro benötigen, so Grünewald.

Warnung vor Systemkollaps

„Wenn eine Uni diesen Weg geht, muss man damit rechnen, dass auch andere ihr das gleichtun. Das kann dazu führen, dass das ganze System kollabiert“, warnt Funk. Es müsse also wie auch immer das Verfahren ausgeht, eine politische Lösung geben.

Notfallparagraf 124b

Der Notfallparagraf 124b sieht eine Festlegung der Studienplätze vor, „wenn durch die erhöhte Nachfrage ausländischer Staatsangehöriger die Studienbedingungen (...) unvertretbar sind.“

Wie die aussehen könnte, ist noch unklar. Denn langfristig will Töchterle über die geplante Studienplatzfinanzierung Kapazitäten beschränken. Die SPÖ hält davon wenig. „Angesichts der bescheidenen Akademikerquote im internationalen Vergleich braucht Österreich keine Zugangsbeschränkungen sondern einen Kapazitätenausbau (...)“, betonte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl.

Kurzfristige Zugangsbeschränkung?

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) zeigte in seiner ersten Reaktion „großes Verständnis“. Er will nun aber das Ergebnis der Schlichtungskommission abwarten. Dass keine Zugangsbeschränkungen über den Notfallparagraf 124b eingeführt wurden, scheiterte bisher an der SPÖ, gab Töchterle dem Koalitionspartner die Schuld. Denn dafür sei ein einstimmiger Ministerratsbeschluss notwendig.

Laut „Kurier“ (Freitag-Ausgabe) überlegt Töchterle nun aber doch, „kurzfristig“ den Notfallparagrafen und damit Zugangsbeschränkungen zu aktivieren. Für das kommende Wintersemester wäre das aber schon zu spät. Badelt selbst erhofft sich von der Schlichtungskommission, dass sie dem Ministerium eine „juristisch konsistente Gesetzgebung“ und damit eine Budgeterhöhung „vorschreiben“ könnte.

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