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Gewaltsame Proteste auch in Damaskus

In Syrien sind Sicherheitskräfte am Freitag erneut gewaltsam gegen regierungskritische Demonstrationen vorgegangen. Nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte töteten sie mindestens acht Zivilisten.

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Die Sicherheitskräfte hätten in der Hauptstadt Damaskus Hunderte Demonstranten auseinandergetrieben und dabei vier Menschen getötet, teilte die Nichtregierungsorganisation in London mit. Einen weiteren Toten habe es in Jableh in der Nähe der Küstenstadt Latakia gegeben. Bereits in der Früh seien in der Stadt Dael im Süden des Landes drei Menschen erschossen worden.

Mit Schlagstöcken gegen Zivilisten

In Deir al-Sor im Nordosten des Landes gingen die Sicherheitskräfte nach Angaben der Syrischen Liga für Menschenrechte gewaltsam gegen rund 5.000 Menschen vor, die sich nach dem Freitagsgebet zu Protesten versammelt hatten. Die Polizei habe Warnschüsse in die Luft abgegeben, teilten die Menschenrechtsaktivisten mit. Im Stadtteil Rokn-Eddin im Norden von Damaskus gingen die Sicherheitskräfte demnach mit Schlagstöcken gegen Hunderte Protestierende vor.

Seit dem Beginn der Proteste gegen Staatschef Baschar al-Assad am 15. März wurden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen mehr als tausend Menschen getötet und zehntausend weitere festgenommen. Die Proteste sind zehn Wochen nach ihrem Beginn offenbar immer noch nicht umfangreich genug, um das Regime von Präsident Assad in Bedrängnis bringen zu können. Die Sicherheitskräfte konnten bisher Massenaufläufe vielfach verhindern, in der Hauptstadt Damaskus kam es nicht zu größeren Kundgebungen.

G-8 machen keinen Druck

Die beim G-8-Gipfel im französischen Deauville versammelten Staaten konnten sich unterdessen nicht auf eine harte Haltung gegen die syrische Regierung einigen.

Die Schlusserklärung des G-8-Gipfeltreffens in Frankreich drohte der syrischen Führung mit „neuen Maßnahmen“, sollte die Gewalt gegen Demonstranten nicht enden. In einem ersten Entwurf der Gipfelerklärung waren Damaskus zunächst noch „Aktionen im Sicherheitsrat“ angedroht wurden. Aber nach Diplomatenangaben war befürchtet worden, Russland könne sich einem Verweis auf den UNO-Sicherheitsrat widersetzen.

Russland blockiert

Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte am Rande der Beratungen in Deauville, die Lage in Syrien unterscheide sich „radikal“ von der in Libyen. Einen von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal am Donnerstag im UNO-Sicherheitsrat eingebrachten Resolutionsentwurf nannte Rjabkow „unnötig und schädlich“. In dem Entwurf wird die syrische Führung vor „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ bei der Unterdrückung der Proteste gewarnt.

Der russische Präsident Dimitri Medwedew forderte Assad zum Abschluss des Gipfels der acht Industriestaaten auf, seinen Versprechen von Reformen Taten folgen zu lassen.

Erdogan warnt Assad

Die Türkei, deren Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in den vergangenen Jahren ein persönliches Vertrauensverhältnis zu Assad aufgebaut hat, warnt Damaskus vor den Konsequenzen eines Festhaltens an seiner Unterdrückungspolitik. Assad brauche eine „Schocktherapie, um die Herzen seiner Menschen wieder zurückzugewinnen“, zitierte die „New York Times“ den türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu.

„Unglücklicherweise sehen wir, dass (in Syrien) jede Woche, an jedem Freitag, mehr Menschen getötet werden“, sagte der Chef der türkischen Diplomatie. Das Blatt erwähnte außerdem nicht näher genannte türkische Regierungsvertreter, die Assad zu einem „nationalen Dialog“ gedrängt hätten. Damit sollte auch die in Syrien verbotene und verfolgte Muslimbruderschaft in eine künftige Einheitsregierung eingebunden werden.

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