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Als zu „lasch“ kritisiert

Ob Atomkraftwerke Naturkatastrophen wie Erdbeben und Hochwasser, Kälteeinbrüche und Hitzewellen sowie Flugzeugunglücken standhalten, wird ab 1. Juni EU-weit getestet. Am Mittwoch einigte sich die EU auf die kollektiven AKW-„Stresstests“. Mögliche Terroranschläge sind zunächst nicht explizit inbegriffen und sollen später untersucht werden.

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Der Test umfasst alle 143 Reaktoren in der EU, aber auch solche Kernkraftwerke, die erst in der Planung sind. Innerhalb der EU setzen derzeit 14 von 27 Staaten auf Nuklearenergie. Analysiert werden sollen auch die Notstromversorgung und die Kühlsysteme. „Wir begeben uns auf Neuland“, sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger, er spricht aber von „strengen Standards“.

Österreichs Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sprach von einem „vollen Erfolg für Österreich“. Umweltschützer hingegen halten die Tests für zu lasch und kritisieren mangelnde verbindliche Konsequenzen. Die Ergebnisse sollen bis zum Jahresende vorliegen.

Streit über Bedingungen

Über die Kriterien des „Stresstests“ und den Umfang war zuvor wochenlang gestritten worden. Die auf Atomkraft setzenden EU-Mitgliedsländer, allen voran Großbritannien und Frankreich, lenkten schließlich ein. Der Kompromiss zwischen EU-Kommission und der Europäischen Gruppe für nukleare Sicherheit und Abfallentsorgung (ENSREG), in der die 27 Staaten vertreten sind, kam kurz vor Beginn des G-8-Gipfels in Deauville am Donnerstag zustande.

Dort werden die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrieländer und Russland (G-8) auch über Nuklearsicherheit sprechen, um die Konsequenzen aus dem katastrophalen Atomunfall in Japan zu ziehen.

Freiwillig, ohne Konsequenzen

Eine Teilnahme an den „Stresstests“ ist freiwillig. Die EU-Kommission erwartet aber, dass alle Kraftwerksbetreiber mitziehen. Wenn ein AKW durchfällt, müsste es nachgerüstet oder abgeschaltet werden. Rechtliche Konsequenzen wird es aber vonseiten der EU nicht geben. Die EU hat keine Möglichkeit, Kraftwerke abzuschalten. Das können nur die Mitgliedsstaaten anordnen. Nach Ansicht Oettingers werden nicht alle AKWs den Test bestehen.

Für die Glaubwürdigkeit werden die Ergebnisse in drei Stufen ausgewertet: Zunächst führen die Kraftwerksbetreiber den Test durch, danach kontrollieren nationale Behörden und schließlich Experten aus anderen Staaten die Ergebnisse.

Faymann begrüßt Einigung

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) begrüßte die Einigung der EU-Kommission auf europaweite „Stresstests“. Der „Wert“ der Sicherheitstests werde sich aber „erst dann zeigen, wenn die Ergebnisse vorliegen und dann auch die Konsequenzen daraus gezogen werden“, betonte Faymann in einer Aussendung. Er sprach sich für eine Veröffentlichung der Ergebnisse aus und betonte, dass auch unabhängige Experten Zugang dazu erhalten sollten.

Berlakovich verkündete indes die Gründung einer Anti-Atom-Allianz europäischer atomkraftfreier Staaten. Mit dem gemeinsamen Auftreten könnten sich die Länder ohne Atomkraftwerke für ihre Anliegen einsetzen.

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