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Wahlbeteiligung sinkt seit Jahren

Mit Salatdressing und Packerlsuppe, Kondomen und Kugelschreibern haben die bei der Wahl zur Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) antretenden Studentenfraktionen versucht, Stimmen und Aufmerksamkeit zu lukrieren. Die Angst vor fehlendem Interesse ist groß. Mit 25,7 Prozent Wahlbeteiligung war 2009 ein Tiefststand erreicht worden.

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Während die Vertreter der Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) mehr Mitbestimmung und weniger Druck im Studium forderten und der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) auf „starke Stimmen für faire Beihilfen im Studium“ setzt, wirbt die serviceorientierte und ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) mit der Anerkennung des „Bätschelor“ und faire Bezahlung für Universitätsabsolventen im öffentlichen Dienst.

Wenig Reibungsflächen

Mangelnde Reibungsflächen und Unterscheidbarkeit zwischen den Fraktionen schwäche die Mobilisierungskraft, ist der Politikexperte Thomas Hofer überzeugt. Deutlich zeigt sich eine Aufspaltung in Lager - die AG und der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) schossen sich auf die derzeitige, linksgerichtete ÖH-Führung mit GRAS und VSStÖ ein.

Von Dienstag bis Donnerstag sind nun rund 282.000 Studierende aufgerufen, ihre Vertretung zu wählen. Um die Führung kämpfen dabei vor allem AG, GRAS, FLÖ und der VSStÖ. Eine Fraktion, die derzeit in einer Koalition mit GRAS den ÖH-Vorsitz stellt, wird nicht direkt gewählt: die Fraktion Engagierter Studierender (FEST). AG, VSStÖ und RFS treten an den meisten Unis an. Es gibt aber keine Fraktion, die an allen Unis gewählt werden kann.

Zweifel an Legitimation

Die Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen befindet sich seit einiger Zeit im Sinkflug. Lag sie jahrelang bei rund 30 Prozent, sackte sie 2009 vor Beginn der Protestwelle auf den bisherigen Tiefpunkt von 25,7 Prozent ab. Bis 1967 beteiligten sich meist zwischen 60 und 70 Prozent der Studierenden. Mit der Ausweitung der Studierendenzahlen seit Ende der 60er Jahre ging diese Zahl rapide zurück. Nicht umsonst appellierte der neue Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) für eine „möglichst hohe Wahlbeteiligung“.

Ohne E-Voting

Als ein Grund für die niedrige Wahlbeteiligung 2009 wurde auch das erstmalig eingesetzte E-Voting gesehen. Weniger als ein Prozent der Studierenden hatte das neue System genutzt. Die Einsprüche bei der Bundeswahlbehörde waren - aufgrund von Mängeln beim elektronischen Wählen - aber stark angestiegen.

Immer wieder muss sich die ÖH Vorwürfe der Bedeutungslosigkeit und mangelnden Legitimation gefallen lassen. Erst einen Tag vor der Wahl forderte das BZÖ die Abschaffung der ÖH. Man könne nicht mehr von demokratischer Legitimation sprechen. Der ÖH mangle es an Handlungs- und Entscheidungsspielraum.

So haben sich die Studentenproteste und die Audimax-Besetzung im Wintersemester 2009 gegen die Unterfinanzierung der Hochschulen, die Kürzung der Familienbeihilfe und gegen das Bologna-Studiensystem weitgehend zumindest an den höheren Ebenen der ÖH vorbei entwickelt. Die ÖH unterstützte die Proteste zwar, stellte sich aber nicht an ihre Spitze.

ÖH zu passiv

Die ÖH verhalte sich zu passiv, wurde vielfach kritisiert. Einige der Organisatoren der Proteste meinten überhaupt, dass es funktioniere, weil es nicht über die ÖH-Ebene laufe. Der damalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) hingegen wollte nur mit der ÖH als der legitimen Vertretung der Studierenden verhandeln.

Gleichzeitig ist die Studentenvertretung aber in einer schwierigen Situation: Sie kämpft mit einer ständig wechselnden Wählerschaft, gleichzeitig wird die Bundesvertretung nicht direkt gewählt. Seit 2005 entsenden die Univertreter ihre Mandatare in die ÖH-Zentrale. Zudem agiert die derzeitige Bundesvertretung mit GRAS und FEST nur mit einer wackeligen Mehrheit.

ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer

ORF.at/Roland Winkler

ÖH-Vorsitzende Sigrid Maurer

Eigentlich wurde die AG 2009 - wie bei den meisten Wahlen zuvor - stimmenstärkste Partei. Sie erreichte 33,3 Prozent. Für den ÖH-Vorsitz hatte es in den vergangenen Jahren dennoch nicht immer gereicht. Die AG und die Fachschaftslisten (FLÖ) hatten 2009 die ursprünglich geplante Koalition mit dem Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) torpediert. Eine VSStÖ-Vertreterin wurde später dennoch ins Koalitionsteam geholt.

„Sie hat Macht, das ist Faktum“

Dennoch brachte sich die Bundesvertretung unter der derzeitigen Vorsitzenden Sigrid Maurer (GRAS) als Verhandlungspartner im Anschluss an die Studierendenproteste der Bewegung „#unibrennt“ stärker ins Spiel. Die vergangenen zwei Jahre seien der Beweis dafür, welchen Einfluss die ÖH trotz allem habe: „Sie hat Macht, das ist Faktum“, betonte Maurer. Es hätten sich viele Dinge durch die Arbeit der ÖH geändert.

Die ersten Gespräche mit dem neuen Wissenschaftsminister hatten eine bessere Basis als mit seinen Vorgängern. Maurer: „Töchterle hat in seinen ersten Interviews gezeigt, dass ihm die wichtige Rolle der ÖH bewusst ist.“

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