Drastische Sparprogramme gefordert
Schweden hat sich als Land außerhalb der Euro-Zone bei der Beteiligung an Hilfspaketen für Pleitekandidaten wählerisch gezeigt. Irland gewährte man bilateral Kredite, bei Portugal hingegen wollte das Land nicht mitzahlen. Für Griechenland schlug der schwedische Finanzminister Anders Borg zuletzt eine Treuhandlösung nach deutschem Vorbild vor.
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„Die Erfahrung mit der Treuhand ist eine, von der die Griechen sehr viel lernen können“, sagte Borg am Mittwoch im Reuters-Interview in Berlin. Denn die Privatisierung des DDR-Vermögens sei vorbildlich gewesen. „Wenn die Märkte sehen, dass man über eine unabhängige Institution verfügt, die einem über lange Zeit Einnahmen sichert, ist man in einer guten Position. Das wäre für Griechenland ein wichtiger Schritt nach vorne.“
„Verantwortung bei griechischer Regierung“
Hintergrund ist das Drängen der Euro-Staaten, dem überschuldeten Land nur weiter unter die Arme zu greifen, wenn Griechenland seinen Privatisierungskurs beschleunigt. Wenn der Schuldenstand 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreiche, müsse man zu drastischen Maßnahmen greifen, mahnte der schwedische Finanzminister.
Zugleich wies er den Vorwurf zurück, die Sparauflagen für Länder wie Griechenland, Portugal und Irland seien zu drastisch. Das Gegenteil sei der Fall, wie etwa die schwedische Erfahrung in den 90er Jahren gezeigt habe. „Auch Estland hat mehr getan als Griechenland und weist heute ein Wachstum von sieben Prozent auf“, sagte Borg mit Verweis auf die sehr drastische Sparpolitik des baltischen Staates. „Die Verantwortung liegt klar bei der griechischen Regierung, die die Einnahmen erhöhen und die Ausgaben drosseln muss.“
Kein Geld für Portugal
Scharfe Töne hatte Schweden zuvor gegenüber Portugal angeschlagen: Schweden habe in Portugal keine besonderen bilateralen Interessen, so Borg. Anders als etwa im Fall von Lettland, dem man einen bilateralen Kredit genehmigt hatte, sind schwedische Banken in Portugal kaum durch vergebene Kreditsummen exponiert. Die Regierung sei nach einer Systemanalyse zum Schluss gekommen, dass eine Beteiligung Schwedens an der Portugal-Hilfe der EU „nicht aktuell“ sei.
„Die hätten schon viel früher Hilfe beantragen sollen“, sagte Borg. „Wir haben allen Grund für scharfe Kritik an den Portugiesen. Sie haben sich selbst und Europa in eine sehr schwierige Lage gebracht.“ Schon Ende 2010 hätte das hoch verschuldete Land die Hilfe beantragen müssen.
Kredit für Iren
Irland hingegen wurde von Schweden unterstützt: Borg begründete die bilaterale Hilfe damit, dass Irland für die EU „systemrelevant“ sei und ein finanzieller Kollaps dort über Großbritannien und Deutschland auch voll auf Schweden durchschlagen würde.
Borg sprach sich zuletzt erneut für einen Beitritt seines Landes zur Euro-Zone aus. Schweden sei Teil der europäischen Familie, Europa das Zuhause. Zugleich wies er Ländern wie Griechenland und Portugal die Verantwortung zu, dass ein Beitritt nicht möglich sei. „Derzeit ist die schwedische Öffentlichkeit sehr skeptisch wegen des Mangels an Haushaltsdisziplin, die wir in einigen Ländern der Euro-Zone sehen.“
Zustimmung zum Stabilitätspakt?
Borg hatte im April auch angekündigt, Schweden könnte die bisherige Ablehnung des EU-Stabilitätspaktes revidieren. Hintergrund sei ein Beschluss des Europaparlamentes, wonach alle beteiligten Länder weiter autonom über die Einkommenspolitik bestimmen sollen.
Voraussetzung für eine Zustimmung sei, dass sich der Europäische Rat der Position des EU-Parlamentes zur Einkommenspolitik anschließt. Bisher hatten sich sowohl die schwedische Mitte-rechts-Regierung als auch die sozialdemokratisch geführte Opposition gegen den Pakt ausgesprochen. Die Zustimmung Stockholms wie der anderen neun EU-Länder ohne den Euro zum Pakt ist freiwillig.
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