Ohrfeige für Liberaldemokraten
Die britische Regierungskoalition aus Konservativen und Liberaldemokraten hat sich nach einem turbulenten Wahltag zu einer gemeinsamen Zukunft bekannt. Nachdem die überwältigende Mehrheit der Briten sich bei der Volksabstimmung gegen ein neues Wahlrecht entschieden hatte und die „LibDems“ bei Regionalwahlen herbe Verluste einstecken mussten, werde man den Blick nun nach vorne richten.
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Das kündigten Premierminister David Cameron und sein Vize Nick Clegg von den Liberaldemokraten am Samstag an. Neue Herausforderungen kommen auch durch den Wahlsieg der schottischen Nationalisten auf die Koalition zu.
Wirtschaftsminister poltert gegen Partner
Der liberaldemokratische Wirtschaftsminister Vince Cable holte am Samstag trotz aller Einigkeitsdemonstrationen gegen den Koalitionspartner aus. Er bezeichnete die Torys als „skrupellos, kalkulierend und extrem selbstbezogen“, betonte aber, die Koalition werde trotzdem halten. Man werde auf „geschäftsmännische“ Art weiter zusammenarbeiten. Die Torys könnten allerdings keinerlei Zugeständnisse mehr erwarten, die nicht im Koalitionsvertrag festgelegt worden seien.
Das Referendum hatte die Regierungskoalition vor eine Zerreißprobe gestellt: Während eine Reform des uralten Mehrheitswahlrechts der zentrale Punkt im Wahlkampf der „LibDems“ war, hatten die Torys diesen Plänen stets widersprochen.
Wahlrecht einzementiert
Die Liberaldemokraten mussten nicht nur das Nein zur Reform hinnehmen, sondern wurden von den Wählern auch bei gleichzeitig stattfindenden Regional- und Kommunalwahlen abgestraft. Sie warfen den Torys vor, mit persönlichen Angriffen eine Schmutzkampagne gegen Clegg und die Partei gefahren zu haben.
Cameron stritt die Vorwürfe ab. „Ich glaube, das britische Volk will nun, dass wir in einer guten, starken, entschiedenen Regierung für die langfristigen Interessen des Landes zusammenarbeiten - Konservative und Liberaldemokraten gemeinsam“, sagte der Premier.
Clegg räumte ein, dass seine Partei viele Enttäuschungen verarbeiten müsse. „Aber die Entscheidung ist eindeutig.“ Rund 70 Prozent der Wähler hatten bei der Wahl am Donnerstag Nein zu der Reform gesagt. Am Samstag waren sich Kommentatoren einig, dass die Umstellung des alten Systems nun für mindestens eine Generation vom Tisch sei.
Rechnung für gebrochene Versprechen
Rufe nach einem Rücktritt Cleggs aus der eigenen Partei wurden am Samstag aus der Parteispitze zum Schweigen gebracht. Clegg sei „persönlich und politisch genauso stark“ wie vor einem Jahr, als er die Partei in die Regierung führte, sagte sein Vize Simon Hughes.
Auch bei den Kommunalwahlen, die in einem Drittel der Städte und Gemeinden stattfanden, unterlagen die Liberalen deutlich. Die Partei verlor ersten Ergebnissen zufolge die Mehrheit in ihrer Hochburg Sheffield an die Labour-Partei. In Manchester, wo sie bisher mit zwölf Abgeordneten im Stadtrat vertreten waren, werden die Liberalen dem Gremium künftig nicht mehr angehören. Weitere Ergebnisse legten die Vermutung nahe, dass die Partei ihr schlechtestes Ergebnis seit den 1980er Jahren einfuhr. Grund dafür sind nach Meinung von Beobachtern unter anderem mehrere von den Liberaldemokraten gebrochene Wahlversprechen.
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