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Ministerium verteidigt sich

Neue Aufregung über das Bundesheer: Die ÖVP wirft Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) vor, er soll erneut versucht haben, die von ihm favorisierte Abschaffung des Wehrdienstes schönzurechnen. Stimmt nicht, heißt es aus dem Ministerium, man habe die Berechnungen nur den längerfristigen Budgetvorgaben des Bundes angepasst, wie das Ö1-Mittagsjournal berichtete.

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Darabos ließ neuerlich die Kosten für ein Berufsheer berechnen, wie österreichische Zeitungen Anfang letzter Woche berichteten. Demnach kommt das Modell des Ministers jetzt noch billiger und kostet nur noch 1,96 statt 2,18 Milliarden Euro. Das ist schon das zweite Mal, dass Darabos’ Modell neu berechnet und billiger wird.

Nicht der erste Streit

Ursprünglich war der Generalstab von deutlich über zwei Milliarden Euro an jährlichen Kosten ausgegangen. Das lag einige Hundert Millionen über dem derzeitigen Budget, weswegen auf die derzeit aktuellen 2,18 Milliarden hinuntergerechnet wurde. Die berechnenden Offiziere hätten in der ersten Rechnung gewisse Kostenannahmen unrealistisch hoch angesetzt, so die Argumentation damals.

Das brachte dem Minister im Jänner den Vorwurf ein, er hätte die Zahlen „frisiert“. Außerdem war auch dieses Modell zu teuer, da im Budget auch die temporären Eurofighter-Raten enthalten sind. Also gab es nun eine dritte Rechenrunde mit neuerlich veränderten Planungsgrundlagen. Jetzt geht es - zumindest auf dem Papier - auch mit 1,96 Milliarden Euro. Die Kosteneinsparung sollen vor allem im Verwaltungsbereich erreicht werden.

ÖVP gar nicht erfreut

Der „Kurier“ zitiert ÖVP-Strategen, die das jüngste Darabos-Modell bereits nachgerechnet haben und davor warnen, dass das „das Ende des Bundesheeres wäre“. In ÖVP-Kreisen ist auch von weiteren Rechentricks die Rede, mit der der Minister sein Modell von der Abschaffung der Wehrpflicht attraktiv darstellen wolle - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Das Verteidigungsministerium wies diese Vorwürfe umgehend zurück. Man habe nur das Modell dem neuen Budgetpfad angepasst. Dieser Finanzrahmen, der vom Ministerrat für die Jahre 2012 bis 2015 beschlossen wurde, ist eine für alle Ministerien bindende Ausgabenvorschau, die durch Genehmigung des Parlaments auch noch Gesetzeskraft erlangen wird.

Die Reduktion im Detail

Auf die Kostenschätzung von 1,96 Milliarden Euro kommt man in dem Modell durch eine Reduktion der Profimilizsoldaten von bisher 10.000 angedachten auf 9.600 sowie der Reduktion des zivilen Verwaltungspersonals in nicht näher bekannter Höhe. Gegenüber dem bisherigen Darabos-Berufsheermodell gleich bleiben soll die Zahl der Soldaten für den Katastrophenschutz, nämlich bei 12.500. Ob die Wehrpflicht tatsächlich abgeschafft oder nur verändert wird, bleibt aber abzuwarten.

Weitere Verhandlungen angekündigt

Die ÖVP sucht unterdessen einen neuen Verhandlungsführer. Die Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP über die Heeresreform sollen - nach kurzer Unterbrechung durch die Regierungsumbildung auf ÖVP-Seite - wieder aufgenommen werden. Der designierte ÖVP-Chef Vizekanzler Außenminister Michael Spindelegger, bisher Darabos’ Verhandlungspartner auf ÖVP-Seite, wird sich wegen seiner neuen, zusätzlichen Funktionen aus diesen Gesprächen zurückziehen. Schon demnächst wird die ÖVP ihre Verhandlerin oder ihren Verhandler auf Ministerebene nominieren. Nach wie vor lautet aber der Standpunkt der ÖVP: Wehrpflicht reformieren: ja, Wehrpflicht abschaffen: nein.

Volksbefragung als letzte Option

Angesprochen auf das Konfliktthema Wehrpflicht, sagte Spindelegger am Rande der Angelobung des neuen ÖVP-Regierungsteams am Donnerstag, man habe eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die bereits erste Kompromisse erzielt habe. Nun werde weiterhin verhandelt. „Ich gehe davon aus, dass wir das schaffen.“ SPÖ-Kanzler Werner Faymann betonte, die Option einer Volksbefragung bleibe weiterhin bestehen. Spindelegger erklärte, wenn man keinen Kompromiss finden kann, werden man Alternativen suchen müssen. Als Zeitrahmen für eine Lösung gab Faymann den Herbst an.

FPÖ und BZÖ: Zahlentrickserei

FPÖ und BZÖ forderten am Dienstag die Ablöse von Darabos. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl verlangte von Bundespräsident Heinz Fischer die sofortige Abberufung des Verteidigungsministers. Aktueller Anlass sind die neuesten Berechnungen über die Kosten des von Darabos angestrebten Berufsheeres. FPÖ und BZÖ sehen darin viel mehr Zahlentricksereien.

„Fast jede Woche preist Verteidigungsminister Darabos sein Heeresmodell um einige hundert Millionen Euro billiger an. Dieser Verteidigungsminister agiert wie ein Händler auf dem Tarviser Markt“, kritisierte BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner. „Langsam wird es schon peinlich, was dieser Minister in periodischen Abständen von sich gibt. In Wahrheit muss Bundeskanzler Faymann diesen Mann abziehen und einen neuen Verteidigungsminister installieren“, forderte Ebner.

Kickl sah wiederum Oberbefehlshaber und Bundespräsident Fischer gefordert, „diesem Schauspiel ein Ende zu bereiten“ und „das Heer vor noch größerem Schaden zu bewahren“. Denn „einzig und alleine der Oberbefehlshaber des Heeres kann diesen Wahnsinn noch stoppen“, so Kickl. Er sprach weiters von einem „Irrsinnsplan“, den Darabos verfolge und von „Wunderzahlen aus dem Frisiersalon Darabos“.

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