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Dementi aus Griechenland

Die Wahrscheinlichkeit einer Umschuldung Griechenlands wird nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters mittlerweile in Teilen der deutschen Bundesregierung als sehr hoch eingeschätzt. „Maßgebliche Stimmen in der Regierung gehen davon aus, dass es Griechenland nicht ohne eine Umschuldung über den Sommer schaffen wird“, hieß es laut Reuters am Montag aus der Regierungskoalition in Berlin.

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Das bedeute nicht, dass die deutsche Regierung das anstrebe. Ein solcher Schritt werde sich aber kaum vermeiden lassen. Diese Darstellung wurde auch von anderen hochrangigen Koalitionspolitikern gegenüber Reuters bestätigt. Die EU-Kommission hat Medienberichte über angebliche Umschuldungsverhandlungen Griechenlands dementiert. Eine Sprecherin beantwortete am Montag die Frage, ob es solche Gespräche gebe, mit einem einfachen „Nein“. Später fügte eine andere Sprecherin hinzu: „Umschuldung ist keine Option, die auf dem Tisch liegt.“

Zeitung: Gespräche ab Juni

Griechenland bat allerdings einem Medienbericht zufolge Europäische Union (EU) und Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits um eine Umschuldung. Die Gespräche dürften im Juni beginnen, schrieb die griechische Zeitung „Eleftherotypia“ am Montag unter Berufung auf einen hochrangigen IWF-Vertreter. „Die Anfrage der Regierung wurde von Finanzminister Giorgos Papakonstantinou beim informellen ECOFIN-Treffen in Ungarn im April übermittelt“, schrieb die Zeitung. Eine Reihe von Medienberichten über eine Umschuldung Griechenlands wurden von EU, IWF und der griechischen Regierung in den vergangenen Wochen stets dementiert, zuletzt am Wochenende.

In dem Bericht hieß es, die Meldungen seien zurückgewiesen worden, weil solche Schritte nie vorher angekündigt würden. Aus Kreisen des deutschen Finanzministeriums hieß es in Reaktion auf den aktuellen Zeitungsbericht, Griechenland habe nicht um eine Umschuldung gebeten.

Minister: Nur noch das „Wann“ offen

Die Zeitung „Die Welt“ zitierte einen ungenannten Minister der Regierung von Giorgos Papandreou in einem Vorabbericht vom Montag mit den Worten: „Jetzt ist die Frage nicht mehr, ob wir umschulden, sondern nur noch, wann.“ Es sei von Anfang an klar gewesen, dass sein Land umschulden müsse. „Wir haben den Europäern und dem IWF schon Anfang 2010 gesagt, es wäre besser, Hilfskredite sofort mit einer Umschuldung zu verknüpfen“, sagte der Minister, den das Blatt als Vertrauten des Ministerpräsidenten bezeichnete.

„Doch die Kollegen der europäischen Regierungen sagten uns damals: ‚Es geht hier nicht nur um euch. Wir müssen erst einmal Zeit für die Stabilisierung der gesamten Euro-Zone gewinnen, und ihr müsst beweisen, dass ihr sparen und reformieren könnt, bevor wir über eine Umschuldung reden.‘“ Das habe sein Land inzwischen getan, so dass es jetzt nur noch um die Frage des Zeitpunkts der Umschuldung gehe.

Griechenland: „Weder nötig noch erwünscht“

Der Chef der griechischen Notenbank wies eine Umschuldung des Landes als unnötig zurück. „Solch eine Option ist weder nötig noch erwünscht“, sagte Giorgos Provopoulos am Montag vor Journalisten in Athen bei der Vorstellung des jährlichen Wirtschaftsberichts. „Ich werde langsam müde, immer wieder diese Gerüchte zu dementieren“, sagte auch Finanzminister Papakonstantinou im griechischen Radio am Montag.

Eine Umschuldung hätte für Griechenland „katastrophale Folgen“, sowohl für die Regierung als auch für private Investoren, denen so der Zugang zum Markt verwehrt bliebe, so Provopoulos. Griechenland setzt auf Privatisierung, um Geld in die leere Haushaltskasse zu spülen. Der IWF bescheinigte dem Euro-Land bei seinem Privatisierungskurs jüngst Erfolge.

Provopoulos mahnte rasche Strukturreformen ein. Zwar seien bereits Fortschritte erzielt worden, im Vergleich zu dem wachsenden Schuldenberg würden Reformen zur Sanierung der Staatsfinanzen aber zu langsam umgesetzt, sagte der Notenbankchef. Schon am Wochenende war Finanzminister Papakonstantinou Spekulationen über eine Umschuldung des Landes entgegengetreten. Auch der IWF hatte die Gerüchte zurückgewiesen.

Van Rompuy: „Wäre Katastrophe“

Die deutsche Regierung stützt die ablehnende Haltung Griechenlands gegenüber einer Umschuldung seiner Verbindlichkeiten. Das Dementi des griechischen Finanzministeriums sei klar, sagte Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin: „Wir haben dem nichts hinzuzufügen.“

Eine Umschuldung Griechenlands kommt auch nach Worten von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy wegen der fatalen Folgen derzeit nicht in Frage. „Das Ergebnis einer Umschuldung könnte wirklich katastrophal ausfallen“, sagte Van Rompuy dem französischen Sender TV Le Monde am Sonntag. „Eine Umstrukturierung griechischer Verbindlichkeiten steht nicht auf der Tagesordnung“.

340 Milliarden Schulden

Die Zinsen (Sekundärmarktrenditen) auf zwei Jahre laufende staatliche griechische Schuldverschreibungen waren am Montag um 9,9 Prozent auf 20,3 Prozent explodiert, die Zinsen (Renditen) für die zehnjährigen Staatsanleihen sind laut Bloomberg um 5,2 Prozent auf 14,5 Prozent gestiegen.

Das südeuropäische Land sitzt auf einem Schuldenberg in Höhe von 340 Milliarden Euro. Obwohl Griechenland im vergangenen Jahr Finanzhilfen von EU und IWF über 110 Milliarden Euro zugesprochen bekam, ist unklar, ob die Regierung in Athen diese Schulden allein in den Griff bekommt. Bei einer Umschuldung müssten die Gläubiger des Landes auf einen Teil ihres Geldes verzichten.

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