Saubermann nach Fall Strasser gebraucht
Claudia Bandion-Ortners Tage als Justizministerin dürften gezählt sein. Darauf deuten sämtliche Informationen aus der ÖVP hin. Ihr Nachfolger könnte der ehemalige Rechnungshof-Präsident und derzeitige Österreich-Repräsentant der Anti-Korruptionsplattform transparency international, Franz Fiedler, werden.
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Für einen Justizminister Fiedler spricht aus der Sicht der ÖVP einiges: Als früherer ÖVP-Klubsekretär ist der erfahrene Jurist nicht nur mit den politischen Strukturen der Volkspartei vertraut, sondern hat sich in seinen Jahren im RH und auch bei transparency den Ruf eines korrekten und unbestechlichen Mahners für Rechtsstaatlichkeit erworben. Damit steht er für etwas, das die ÖVP nach Ernst Strasser dringend braucht - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Zwei Stolpersteine
Außerdem könnte Fiedler, der als „Arbeitstier“ ohne eigene Machtinteressen gilt, in das Justizressort wieder jene Ruhe bringen, die unter Bandion-Ortner zuletzt abhandenkam. Zwei Stolpersteine gäbe es jedoch für seine Bestellung: Die Männerlastigkeit in Spindeleggers Team wäre damit noch größer, und vor allem: Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll wäre wohl nicht erfreut über die Personalentscheidung.
Das Problem des Männerüberhangs auf der ÖVP-Seite der Regierungsbank könnte eventuell durch einen Staatssekretärinnenposten korrigiert werden. Es heißt, Spindelegger suche nach einer geeigneten erfahrenen Diplomatin, um ihn selbst im Außenamt zu entlasten. Das Problem mit den Begehrlichkeiten aus Niederösterreich lässt sich schon schwerer lösen, gibt es doch einen Pröll-Intimus, der in den Startlöchern steht.
Prölls Jurist für alle Fälle
Neben Fiedler wurde als künftiger Justizminister vor allem Anwalt Christoph Herbst ins Spiel gebracht. Erwin Pröll hat schon mehrmals auf ihn gesetzt, wenn es galt, heikle Aufgaben zu übernehmen. So bestimmte Pröll etwa den 50-jährigen Juristen im Inzestfall von Amstetten zum Opferanwalt. Derzeit ist Herbsts Tätigkeitsfeld der Flughafen Wien-Schwechat, wo er das wirtschaftliche Trümmerfeld nach dem Skylink-Debakel für die niederösterreichische Eigentümerseite aufräumen soll.
Schweigen aus Bandion-Ortners Büro
Bandion-Ortner jedenfalls soll angeblich über ihr Ausscheiden aus dem Amt sogar schon am Freitag informiert worden sein. Eine Bestätigung aus ihrem Büro gab es dafür vorerst aber nicht. Für den Fall ihrer Ablöse wäre für Bandion-Ortner an ihrer alten Wirkungsstätte am Wiener Straflandesgericht eine Stelle frei. Sie hatte sich seinerzeit, als ihr Ende 2008 der Ministersessel angeboten wurde, karenzieren lassen und könnte jederzeit ins Graue Haus zurückkehren.
TV-Hinweis
Mit den Personalrochaden in der ÖVP beschäftigt sich am Sonntag auch die Diskussionssendung „Im Zentrum“ um 22.00 Uhr in ORF2 unter dem Motto „Baustelle ÖVP - Köpfe statt Konzepte?“
Die Option, als Gerichtspräsidentin das Landesgericht Krems zu übernehmen, ist für die 44-Jährige allerdings vom Tisch. Der dort eigentümlich lange verwaiste Posten hatte für Spekulationen gesorgt, Bandion-Ortner bereite damit bereits ihr „Ausgedinge“ nach dem Ministeramt vor. Laut Angaben des Kremser Gerichts sind die Besetzungsvorschläge der Personalsenate nun „bereits auf dem Weg ins Ministerium. Bandion-Ortner hat sich nicht beworben.“
Zuständig für „Hendldiebe“?
Fraglich ist umgekehrt, ob die ehemalige BAWAG-Richterin wieder in die Wirtschaftsabteilung am Straflandesgericht zurückkehren könnte. „Grundsätzlich obliegt die Geschäftsverteilung dem Personalsenat. Einen Anspruch auf gewisse Geschäfte hat ein Richter oder eine Richterin nicht. Diese werden vom Personalsenat verteilt“, erläuterte der Sprecher des Wiener Oberlandesgerichts (OLG), Leo Levnaic-Iwanski, gegenüber der APA.
Sollte in einer allgemeinen Abteilung Bedarf sein, könnte Bandion-Ortner somit künftig auch für Kleinkriminelle zuständig sein, die im Juristenjargon oft unter dem Schlagwort „Hendldiebe“ subsummiert werden. Ob sie sich das als ehemalige Justizministerin antun wird, wird im Straflandesgericht allerdings angezweifelt.
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