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Neue Boote auf Lampedusa angekommen

Trotz verstärkter Kontrollen an den tunesischen Küsten reißt der Zustrom nordafrikanischer Flüchtlinge nach Italien nicht ab. Am Wochenende kamen wieder mehrere Schiffe auf der Mittelmeer-Insel Lampedusa an, von der die Behörden zuvor in einer konzertierten Aktion Tausende Migranten in andere Landesteile gebracht hatten. Allein seit Sonntagabend erreichten rund 900 Menschen die Insel.

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Bei einem Besuch auf der Insel forderte Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi von den anderen EU-Staaten die Aufnahme von Flüchtlingen und mehr Solidarität, um den „menschlichen Tsunami“ zu bewältigen. „Europa ist entweder etwas Reales und Konkretes oder es existiert nicht. Dann ist es besser, wenn wir uns wieder trennen und jeder seinen Ängsten und seinem Egoismus folgt.“

Streit mit Malta

Auch Präsident Giorgio Napolitano forderte die EU auf, sich auf eine gemeinsame Migrationspolitik zu einigen und Italien bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme nicht alleinzulassen. Vor allem müsste die EU Klarheit über die Schengen-Regeln schaffen.

Zwischen Italien und Malta eskalierte unterdessen der Streit über das Problem der Hilfeleistung für Flüchtlinge, die im Mittelmeer-Raum in Seenot geraten. Italien wirft Malta vor, seinen Pflichten bei der Hilfeleistung für Flüchtlinge nicht nachzukommen und die italienische Küstenwache zum Einsatz zu zwingen, auch wenn sich die Boote in Maltas Gewässern befinden.

Der italienische Vizeindustrieminister Stefano Saglia drohte Malta mit der Auflösung wichtiger Abkommen zur Kooperation im Strombereich, sollte das Land bei der Flüchtlingsfrage mit Italien nicht zusammenarbeiten.

Unerträgliche Bedingungen

Seit Beginn der Unruhen in Nordafrika im Jänner landeten allein auf der zeitweise völlig überfüllten Insel Lampedusa mindestens 22.000 Flüchtlinge. Die meisten kamen mit Booten aus Tunesien, weshalb Rom mit Tunis mittlerweile vereinbarte, dass die dortigen Küsten verstärkt kontrolliert und Neuankömmlinge in Italien künftig direkt zurückgebracht werden. Zuletzt traten allerdings auch immer mehr Afrikaner von Libyen aus die gefährliche Seereise an.

In den vergangen Tagen hatte Italien Tausende Flüchtlinge von der wochenlang völlig überfüllten Insel weggebracht und auf andere Aufnahmelager verteilt. Bis dahin hatten sich bis zu 6.000 Menschen unter unerträglichen Bedingungen dort aufhalten müssen. Vor wenigen Tagen waren beim Kentern eines Flüchtlingsbootes bis zu 250 Menschen ums Leben gekommen.

Proteste von Flüchtlingen

Durch die neu ankommenden Bootsflüchtlinge der vergangenen Tage ist das Auffanglager in Lampedusa wieder überfüllt. Einige Tunesier werden direkt von Lampedusa nach Tunesien zurückgeflogen. Um Proteste zu vermeiden, werden sie nicht darüber informiert. Rund 1.500 Flüchtlinge befinden sich immer noch auf der Insel.

Nach ersten Protesten am Sonntag gab es auch am Montag Widerstand gegen die Abschiebungen. Dutzende Flüchtlinge kletterten auf das Dach des Notlagers und verletzten sich mit Messern. Trotz der Versuche von Polizei und Lagerpersonal, die Lage zu beruhigen, sei der Protest eskaliert.

Wohngebäude in Brand gesteckt

Einige Flüchtlinge steckten das zentrale Wohngebäude in Brand, berichteten italienische Medien. Die Feuerwehr konnte den Brand relativ schnell löschen. Wie groß die Schäden sind, blieb zunächst unklar. Etwa 50 Tunesiern gelang in dem Durcheinander die Flucht aus dem Zentrum. Einige seien bereits wieder aufgegriffen worden. Andere würden noch von der Polizei gesucht, hieß es.

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