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Lange Karriere eines Regisseurs

Außer einem Oscar hat Wim Wenders schon so ungefähr jeden Filmpreis gewonnen, den man gewinnen kann. 2009 wurde er sogar als Radfahrer geehrt - für seine Vorbildfunktion als Prominenter, ohne Auto auszukommen. Der Regisseur ist einer der wichtigsten Vertreter des „Neuen Deutschen Films“ und der einzige, der auch 40 Jahre nach dessen Blütezeit noch voller Elan für die große Leinwand produziert.

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Wenders’ Filme sind Gemälde mit der Kamera. Mit großartigen Bildern, intensiver Musik und sehr viel Zeit erzählt er Geschichten, die oft von Ruhe- und Heimatlosigkeit und der Suche nach einem inneren Gleichgewicht handeln. „Kaum ein Filmregisseur der Gegenwart hat so nachdrücklich über die Verantwortung des Bildermachens nachgedacht - über das, was Bilder mit uns und aus uns machen“, befand die Jury des Filmfestivals von Locarno, die Wenders 2005 mit einem Spezialpreis für seine Verdienste um die Filmkunst auszeichnete.

Zu den schönsten seiner rund 40 Werke gehört bis heute „Der Himmel über Berlin“, eine poetische und wunderbare Liebeserklärung an die damals noch geteilte Stadt mit Bruno Ganz als ewigkeitsmüder Engel. Internationalen Erfolg brachte auch die Patricia-Highsmith-Verfilmung „Der amerikanische Freund“ (1977) und vor allem das Roadmovie „Paris, Texas“ (1984), das in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Autor Sam Shepard entstand.

Vom Kupferstecher zum Filmemacher

Eigentlich hatte der Arztsohn aus Düsseldorf nach einem kurzen Medizin- und Philosopiestudium Maler werden wollen. Doch als er 1966 von der Kunsthochschule in Paris abgewiesen wurde, verdingte er sich als Kupferstecher in einem Atelier am Montparnasse und entdeckte in der Cinematheque Francaise seine Liebe zum Kino. „Ich habe die abenteuerlichsten Filme in den abenteuerlichsten Kombinationen gesehen - ein Crashkurs in Filmgeschichte.“

Nach dem Studium an der damals neuen Hochschule für Fernsehen und Film in München gründete er 1971 mit zwölf anderen den Filmverlag der Autoren, der für künstlerisch anspruchsvolles Kino jenseits kommerzieller Zwänge steht. Mit der Verfilmung von Peter Handkes Roman „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ (1971) machte Wenders erstmals stärker auf sich aufmerksam. Es folgten das Roadmovie „Alice in den Städten“ (1973), die Handke-Kooperation „Falsche Bewegung“ (1975) und das frühe Meisterwerk „Im Lauf der Zeit“ (1976).

Zusammenarbeit mit Coppola wurde zum Fiasko

Ein erster Aufenthalt in den USA Ende der 70er Jahre wurde zum Alptraum. Wenders sollte für Francis Ford Coppola den Krimi „Hammet“ drehen, doch das Projekt endete im Fiasko. Doch während der „Hammet“-Krise entstanden Geschichten wie „Der Stand der Dinge“ (1982) und „Paris, Texas“ (1984). Ab Mitte der 90er Jahre arbeitete Wenders erneut ausschließlich in den USA.

Zu den Filmpreisen, die der Mann mit der markanten Stirnlocke und der Hornbrille gewonnen hat, gehören die Goldene Palme von Cannes („Paris, Texas“), der Goldene Löwe von Venedig („Der Stand der Dinge“) und der Silberne Bär der Berlinale („Million Dollar Hotel“). Eine Oscar-Nominierung trug ihm die Musikerdokumentation „Buena Vista Social Club“ (1998) ein.

Riesenerfolg mit „Don’t Come Knocking“

Die Westernparodie „Don’t Come Knocking“ wurde 2005 auf dem Filmfestival in Cannes mit zwanzig Minuten langen Ovationen bedacht. Wenders nennt die Geschichte um einen abgehalfterten Hollywood- und Westernstar seinen „Abschied von Amerika“. Inzwischen lebt der Reise- und Musikfreak mit seiner dritten Frau Donata, einer Fotografin, wieder überwiegend in Berlin. 2001 trat er mit der Werkschau „Bilder von der Oberfläche der Erde“ erstmals selbst als Fotograf an die Öffentlichkeit.

Wenders fördert Nachwuchsregisseure

Mit seiner 2006 gegründeten Produktionsfirma Neue Road Movies (anfangs: Images) kümmert sich der Filmemacher auch um die Förderung junger und innovativer Nachwuchsregisseure. Sein jüngster eigener Film „Palermo Shooting“ mit dem Tote-Hosen-Sänger Campino in der Hauptrolle kam vor zwei Jahren bei der Kritik nur mäßig an.

In einem Alter, in dem andere in Ruhestand gehen, stellte sich Wenders mit seiner letzten Arbeit einer ganz neuen Herausforderung: Er arbeitete erstmals mit 3-D-Technik. Die Dokumentation „Pina“ über das Wuppertaler Tanztheater der 2009 gestorbenen Choreographin Pina Bausch feierte seine Premiere im Februar bei der Berlinale.

Bayreuth-Inszenierung geplatzt

2013 sollte Wenders Richard Wagners Hauptwerk „Der Ring des Nibelungen“ im Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag von Richard Wagner (1813 bis 1883) auf die Bühne des Festspielhauses bringen. Nachdem sich beide Seiten zuvor zuversichtlich geäußert hatten, war die geplante Zusammenarbeit am Dienstag geplatzt. Die Festspiele seien davon „kalt erwischt“ worden, räumte Sprecher Peter Emmerich ein.

Katharina Wagner hatte Anfang des Jahres entsprechende Gespräche mit Wenders bestätigt. „Ich bin auch überzeugt, zu einer Einigung zu kommen“, sagte sie. „Bei allen Gesprächen haben wir einen an Theater und Oper interessierten und gebildeten Menschen erlebt.“ Es wäre das Operndebüt des Filmregisseurs gewesen.

Nada Weigelt, dpa

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