Ozonloch wächst in Rekordzeit
Die Vorgänge in der Arktis bereiten Wissenschaftlern zunehmend Kopfzerbrechen. Ein wachsender Süßwassersee, der sich im Arktischen Ozean gebildet hat, kann das Klima in Europa nachhaltig beeinflussen. Gleichzeitig erreicht das Ozonloch über der Arktis neue Rekordausmaße.
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Zirkulierende Winde in der Arktis haben laut niederländischen Forschern in den vergangenen zwölf Jahren dazu beigetragen, dass sich ein riesiger Süßwasserpool auf dem Arktischen Ozean gebildet hat. Der Bereich mit relativ süßem Wasser ist doppelt so groß wie der Viktoriasee in Afrika und wächst ständig weiter.
Sollte es zu Veränderungen der Atmosphäre in der Region kommen, könnte das Wasser in den Nordatlantik strömen, wie aus einer Mitteilung des EU-Forschungsprogramms CLAMER hervorgeht. Im Atlantik selbst könnte das Süßwasser die Strömung von warmem Wasser aus den Tropen in Richtung Norden beeinflussen und zu kälterem Wetter führen.
CLAMER-Projekt
17 Institute in zehn europäischen Ländern werten 300 von der EU geförderte Projekte aus. Das Projekt wird vom Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung (NIOZ) auf der Insel Texel koordiniert. Im September sollen detaillierte Ergebnisse auf einer Tagung in Brüssel vorgestellt werden.
Schmelzwasser aus Kanada und Sibirien
Laut Laura de Steur vom Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung (NIOZ) auf der Insel Texel besteht das Wasser aus geschmolzenem Eis und aus Flusswasser. „Die Wassermenge, die von kanadischen und sibirischen Flüssen in den Arktischen Ozean fließt, ist größer als zuvor, da das Eis im Norden durch höhere Temperaturen schmilzt“, sagte De Steur. Darüber hinaus schmelze das Eis auf dem Meer schneller.
Erste Zeichen von Veränderungen
Erste Zeichen von atmosphärischen Veränderungen in der Region habe es im Jahr 2009 gegeben. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Süßwassermenge auf 7.500 Kubikkilometer geschätzt. Sollte sich dieses Wasser in großen Mengen in den Atlantik ausbreiten, so sei schwer abzuschätzen, was passiere, sagte De Steur. Wissenschaftler sind besorgt, dass sich das Wasser auf die atlantischen Strömungsverhältnisse auswirken könnte.
Corbis/JAI/Doug Pearson
Mit dem milden Klima an den Küsten Skandinaviens könnte es bald vorbei sein.
Süßes Wasser wirkt wie ein Deckel
Denn süßes Wasser mit einem geringeren Salzgehalt ist leichter als kaltes und salziges Wasser. „Bei derzeitigen Verhältnissen kommt warmes Meereswasser aus den Tropen in den Norden, die Wärme wird in die Atmosphäre abgegeben, und das kalte Wasser sinkt und fließt wieder Richtung Süden“, sagte Detlef Quadfasel vom Zentrum für Marine und Atmosphärische Wissenschaften an der Universität Hamburg. Dieses Phänomen werde Atlantische Umwälzzirkulation genannt.
„Würde nun viel Süßwasser in den Atlantik kommen, würde sich dieses wie ein Deckel auf das Meer legen und nicht absinken.“ Dann fließe es in diesem Szenario auch nicht Richtung Tropen, es komme womöglich kein warmes Wasser nach, und die Luft kühle sich dadurch ab.
Ozonschicht um 40 Prozent zurückgegangen
Neben dem Süßwasserpol droht auch aus der Atmosphäre neue Gefahr für das Weltklima. So erreicht die Zerstörung der Ozonschicht über der Arktis einen neuen Rekordwert. Schuld daran seien Schadstoffe und ein sehr kalter Winter in der Stratosphäre, teilte die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf mit. Messungen hätten ergeben, dass die Ozonschicht über der Arktis von Ende des Winters bis Ende März um etwa 40 Prozent zurückgegangen sei, heißt es in der Mitteilung der UNO-Organisation.
Erhöhte Sonnenbrandgefahr in Europa
Über den gesamten Winter gesehen sei über der Arktis etwa ein Drittel des Ozons zerstört worden. Einen solch großen Rückgang habe es über der Arktis noch nie gegeben, schreibt die WMO. Man habe aber damit gerechnet, weil ein sehr kalter Winter in der Stratosphäre - der Schicht zwischen 15 und 50 Kilometern über der Erdoberfläche - prognostiziert worden war.
Für die Menschen in Europa bedeutet das eine erhöhte Sonnenbrandgefahr. Das Ozonloch über der Arktis könne in den nächsten Wochen auch über Mitteleuropa driften und sich sogar bis zum Mittelmeer erstrecken, sagte der Atmosphärenphysiker Markus Rex vom Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI). Laut Rex hat das Ozonloch bereits Südskandinavien erreicht.
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