„Keine Priorität“
Mit der Ausarbeitung eines Lehrplans für ein Lehramtsstudium Türkisch hat die Universität Graz die Debatte über die Etablierung von Türkisch als Maturafach neu entfacht. Eine Umsetzung erscheint dennoch in weiter Ferne.
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Reserviert zeigte man sich nicht zuletzt im Unterrichtsministerium, wo das offenbar heikle Thema als derzeit nicht spruchreif bezeichnet wird. Obwohl das Ministerium nicht grundsätzlich dagegen ist, gelte es noch eine Reihe offener Fragen zu klären. Von einem von Medien kolportierten Auftrag an die Karl-Franzens-Universität Graz könne - mit Verweis auf die Autonomie der Hochschulen - keine Rede sein.
Wie groß wäre die Nachfrage?
Vor einer etwaigen Umstellung der Lehrpläne müsse etwa geklärt werden, ob und in welchem Umfang überhaupt eine Nachfrage nach einem Lehramtsstudium Türkisch besteht - sprich, ob überhaupt ausreichend Lehrer ausgebildet werden können. Offen sei zudem die Nachfrage an den Schulen selber.
Ein Ministeriumssprecher verwies gegenüber ORF.at in diesem Zusammenhang auf eine noch ausstehende Evaluierung eines in Wien laufenden Schulversuchs, wo am Abendgymnasium Henriettenplatz bereits jetzt in Türkisch als zweiter Fremdsprache maturiert werden kann. Laut „Presse“ stellt sich auch die Frage der Finanzierung, da ein Lehramtsstudium angesichts der zusätzlichen Didaktikausbildung teurer kommt als das bereits in Österreich angebotene reine Sprachstudium Turkologie.
Verweis auf angekündigte Bildungsreformen
Mit Blick auf die am Dienstag gestarteten Verhandlungen zum neuen Lehrerdienstrecht wurde vom Unterrichtsministerium auf die Umsetzung der angekündigten Bildungsreformen verwiesen. Die Frage der Etablierung von Türkisch als Maturafach habe aus diesem Grund derzeit keine Priorität. Das Ressort von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) betonte nicht zuletzt, dass es eine Einführung von Türkisch als Maturafach nur im Einvernehmen mit der ÖVP geben werde.
Absage von ÖVP
Mit „Der Vorschlag hat keine Aktualität, er ist sicher nicht prioritär“ kam laut „Presse“ etwa von ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon bereits eine deutliche Absage. Auch Innenministerin Maria Fekter und Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (beide ÖVP) zeigten sich am Dienstag skeptisch. Mehrsprachigkeit sei gut, aber sie würde das Steuergeld lieber in die Deutschkenntnisse von Kindern mit Migrationshintergrund investieren, sagte Fekter.
„Ich halte Türkisch für eine sehr wichtige Sprache, und es ist gut, dass sie an den Unis angeboten wird“, betonte Karl. Sie habe aber genügend eigene Themen.
Matura für Serbisch ab 2011
Auch laut Schmied gibt es in der Frage keinen Zeitplan. Sollte das Fach kommen, wäre das vielmehr noch „eine Frage von Jahren“. Der Kritik an Türkisch als Maturafach hielt sie aber entgegen, dass es bereits jetzt ein großes Portfolio an Sprachen im Angebot gebe und neben Türkisch unter anderem auch Chinesisch überlegt werde.
Abseits der üblichen Auswahl werden schon jetzt immer mehr Sprachen berücksichtigt. Ab dem Schuljahr 2011/12 kann laut „Wiener Zeitung“ etwa an zwei höheren Schulen in Wien auch Bosnisch-Kroatisch-Serbisch als zweite lebende Fremdsprache gewählt werden.
Zuspruch nur von Grünen
Nach Ansicht der Grünen ist Türkisch als zweite Fremdsprache an höheren Schulen „längst überfällig“. Deshalb seien die Bestrebungen der Uni Graz zu unterstützen, sagte der grüne Bildungssprecher Harald Walser.
Eine klare Absage folgte von FPÖ und BZÖ. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von „absurden und realitätsfremden“ Plänen, mit denen sämtliche Integrationsbemühungen unterlaufen würden. „Ganz klar“ dagegen ist laut dessen Bildungssprecherin Ursula Haubner auch das BZÖ.
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