„Keine andere Wahl“
US-Präsident Barack Obama sieht den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi „stark geschwächt“. Der internationale Militäreinsatz unter UNO-Mandat habe „Al-Gaddafis tödlichen Vormarsch“ gegen die Rebellen „gestoppt“, sagte Obama am Montagabend (Ortszeit) in einer Rede in Washington. Darin verteidigte er sich gegen anhaltende Kritik, dass sein Libyen-Kurs schwammig sei.
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Er bekräftigte, dass der Einsatz der USA begrenzt sei und nicht darauf abziele, Al-Gaddafi mit militärischen Mitteln von der Macht zu vertreiben. Der gewaltsame Sturz des Machthabers sei nicht das Ziel. „Diesen Weg sind wir im Irak gegangen“, sagte Obama in Anspielung auf den unter der Führung seines Vorgängers George W. Bush begonnenen umstrittenen Krieg.
Ziel des Einsatzes sei es, ein Massaker Al-Gaddafis an seinem eigenen Volk zu stoppen, betonte Obama. Nach der vereinbarten Übergabe des Kommandos an die NATO am Mittwoch würden die USA eine unterstützende Rolle einnehmen und etwa mit Erkenntnissen ihrer Nachrichtendienste und Logistik helfen.
Innenpolitisch unter Druck
Obama war in den vergangenen Tagen innenpolitisch stark unter Druck geraten, seine Libyen-Strategie zu erklären. Insbesondere wurde ihm angelastet, kein Konzept für den Fall zu haben, dass Al-Gaddafi trotz des internationalen Eingreifens an der Macht bleibt.
In seiner Rede zur Hauptfernsehsendezeit in der Defense University betonte Obama, dass Al-Gaddafis Eskalation der Gewalt gegen das eigene Volk ihm keine andere Wahl gelassen habe, als US-Soldaten im Rahmen einer internationalen Aktion zum Schutz der Bevölkerung einzusetzen. Andernfalls, so der Präsident, hätte etwa ein Massaker in der Stadt Bengasi gedroht, das die ganze ohnehin instabile Region erschüttert und „das Gewissen der Welt beschmutzt hätte“.
„Unsere Interessen und Werte“
„Wenn unsere Interessen und Werte auf dem Spiel stehen, haben wir eine Verantwortung zu handeln“, sagte Obama. Zugleich bekräftigte er, dass die Rolle der US-Armee bei dem Einsatz „begrenzt“ sei. In Libyen habe „Gewalt von entsetzlichem Ausmaß“ gedroht. Al-Gaddafi habe der Welt deutlich gemacht, dass er „keine Gnade“ walten lassen werde. Um „Massaker“ an der Zivilbevölkerung zu verhindern, habe er als Teil einer „breiten Koalition“ die Angriffe auf Al-Gaddafis Truppen autorisiert - Video dazu in iptv.ORF.at.
Zur weiteren Rolle der USA sagte Obama, dass die USA nach der Übertragung der Führung der kompletten Militärmission an die NATO am Mittwoch weiterhin Druck auf Al-Gaddafi ausüben würden, nach 42 Jahren an der Macht zurückzutreten. Er machte aber zugleich erneut klar, dass die USA keine Militärgewalt einsetzen würden, um dieses Ziel zu erreichen.
Gegen zweiten Irak
„Unsere Militärmission auszuweiten, um einen Regimewechsel einzuschließen, wäre ein Fehler“, sagte Obama. Die internationale Koalition würde zersplittern, US-Bodentruppen müssten eingesetzt werden. „Um schonungslos offen zu sein: Wir sind diesen Weg im Irak gegangen“, so der Präsident. Er fügte hinzu, dass der Regimewechsel dort acht Jahr gedauert und Tausende Menschen gekostet habe. „Wir können es uns nicht leisten, das in Libyen zu wiederholen.“
Er kündigte an, dass die USA auf andere Weise das Streben des libyschen Volkes nach Freiheit unterstützen würden. Als Beispiel nannte er das Abschneiden der Waffen- und Geldzufuhr an das Regime und generell die Unterstützung der Opposition. Obama warnte jedoch, dass es dauern werde, Al-Gaddafi zur Aufgabe der Macht zu bringen. „Aber es sollte für jene um Al-Gaddafi und jeden Libyer klar sein, dass die Geschichte nicht auf seiner Seite ist.“
Libyen-Konferenz in London
Auf der Suche nach einer Lösung des Libyen-Konflikts kamen Vertreter aus mehr als 40 Ländern am Dienstag in London zu einer Konferenz zusammen. Kurz vor dem Treffen legten Großbritanniens Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ein gemeinsames Papier vor. Darin wird ein „Neuanfang“ in Libyen propagiert. Die Anhänger Al-Gaddafis werden darin aufgefordert, sich von dem Machthaber zu lösen.
Der Vormarsch der libyschen Rebellen ist trotz militärischer Hilfe aus der Luft ins Stocken geraten. Nach Einnahme aller strategisch wichtigen Ölhäfen im Osten stießen die Aufständischen am Montag vor der Stadt Sirte auf Widerstand der Regierungstruppen. Sirte ist die Heimatstadt von Al-Gaddafi und liegt auf halbem Weg zwischen der Rebellenhochburg Bengasi und der Hauptstadt Tripolis. Ohne Luftangriffe der internationalen Allianz dürfte die Stadt nur schwer zu erobern sein.
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