Verleihsysteme noch im Aufbau
In Österreich bauen die Bibliotheken ihre elektronischen Angebote schnell aus. Dabei kommen auch Kopierschutzsysteme zum Einsatz, die branchenintern in der Kritik stehen. Mit zunehmender Verbreitung von Tablet-Computern und Smartphones werden die E-Books und Audiobuchdateien auch für öffentliche Büchereien wichtiger.
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Dass die Aktivitäten von Barnes & Noble, Amazon und Drittanbietern wie Lendle in Sachen E-Book-Verleih mittelfristig die öffentlichen Büchereien unter Druck bringen werden, glaubt Katharina Bergmayr nicht. „Ich sehe das nicht als Bedrohung, eher im Gegenteil“, sagte die Leiterin des Bereichs Digitale Medien bei den Büchereien Wien gegenüber ORF.at. „Je häufiger E-Books in der Diskussion sind, desto stärker wird auch das Interesse für unser Angebot.“
Die Büchereien Wien, getragen von der Gemeinde Wien, sind die größte öffentliche Bücherei Österreichs - die Universitätsbibliothek Wien und die Nationalbibliothek sind wissenschaftliche Bibliotheken. Die virtuelle Bücherei Wien nahm am 30. September 2010 ihre Arbeit auf, der Bestand wurde seither von 2.300 auf rund 4.600 elektronische Medien erhöht. Zu Letzteren zählen sowohl Audiobuch-Dateien (1.532 Titel) als auch E-Books (3.072) und elektronische Ausgaben von Zeitungen und Magazinen (7).
14 Tage Leihfrist für E-Books
Die Ausleihe dieser elektronischen Medien ist für Mitglieder der Bibliothek kostenlos. Die Ausleihdauer beträgt für E-Books 14 Tage, für Audiodateien sieben Tage und für elektronische Zeitungen und Zeitschriften eine Stunde. Ohne digitales Rechtemanagement, das für künstliche Verknappung der digitalen Dateien sorgt, kommen auch die heimischen Büchereien nicht aus, sie müssen den Vorgaben der Rechteinhaber folgen.
Wenn eine E-Book-Lizenz „ausgeliehen“ ist, steht das Buch anderen Nutzern nicht zur Verfügung, auch ausdrucken kann man es nicht. Gegenüber der physischen Ausleihe hat die E-Variante aber den Vorteil, dass man das gelesene Buch nicht zurückbringen muss. Der Zugriff wird nach Ablauf der Leihdauer automatisch entzogen.
Umstrittenes Rechtemanagement
Technische Basis für das Angebot ist das in Deutschland entwickelte System Onleihe, an dem deutsche Bibliothekare und Archivare wie Klaus Graf, der auch ein Weblog zum Thema digitale Ressourcen betreibt, wiederholt scharfe Kritik geübt haben, da sie den Einsatz von DRM nicht mit ihrem Auftrag für vereinbar halten, die interessierte Öffentlichkeit möglichst effizient und barrierefrei mit Informationen zu versorgen. Onleihe verlässt sich auf das DRM des US-Softwarekonzerns Adobe, als Dateiformate kommen PDF, EPUB und - bei den Hörbüchern - WMA zum Einsatz.
Die Büchereien Wien wollen ihr Angebot an elektronischen Medien zügig weiter ausbauen. „E-Books im EPUB-Format haben den Vorteil, dass diese auf zahlreichen E-Book-Readern sowie Smartphones rezipiert werden können“, so Bergmayr. „Deshalb stocken die Büchereien Wien verstärkt den Bestand an E-Books in diesem Format auf.“ Von den wichtigen E-Readern unterstützt nur Amazons Kindle das EPUB-Format nicht, für die großen PC-Betriebssysteme sowie für Apples iOS und Googles Android stehen kostenlose Leseprogramme bereit, die EPUB unterstützen.
Angebote im Aufbau
Seit Start des Angebots an elektronischen Medien der Büchereien Wien haben über 4.500 Nutzer über 29.200 Downloads getätigt. Am beliebtesten sind dabei Krimis, Sprachlernmedien und Ratgeber zu Beruf und Computern. Im Gesamtjahr 2010 nahmen die Benutzer der Büchereien aus dem Gesamtbestand der rund 1,6 Millionen Medien rund 5,7 Millionen Entlehnungen vor. Der Vergleich zwischen haptischen und elektronischen Medien sei derzeit aber wenig aussagekräftig, so Bergmayr, da das E-Angebot erst seit einem halben Jahr online sei.
In der vergangenen Woche ging auch die Onlinebücherei der Arbeiterkammer (AK) mit rund 7.000 Titeln ans Netz. Auch dieses Angebot arbeitet mit dem Kopierschutz von Adobe. Die AK hat vor, das Angebot pro Jahr um rund 2.000 Titel zu vergrößern, auch Filme, Musik und Hörbücher soll der Nutzer dort schon bald entlehnen können. Die Ausleihe ist für Mitglieder der AK-Bibliothek kostenlos.
Markt in den Kinderschuhen
Verglichen mit den Vereinigten Staaten spielen E-Books im deutschsprachigen Raum noch eine geringe Rolle. Die Marktforschungsfirma Gartner schätzte zuletzt im Dezember 2010, dass der Markt für Lesegeräte 2011 um 68,3 Prozent auf über elf Millionen Einheiten wachsen werde.
In Deutschland wurden laut Angaben des Marktforschungsunternehmens media control von Anfang März bisher rund 450.000 E-Reader und rund vier Millionen E-Book-Lizenzen (2010) verkauft, Zahlen für Österreich wurden nicht erhoben. Da die E-Books aber mit kostenloser Software auch auf PCs, Smartphones und Tablet-Computern gelesen werden können, haben viele heimische User bereits ein Lesegerät zu Hause.
USA: E-Books überholen Hardcover-Romane
Mitte März berichtete er US-Verlegerverband Association of American Publishers, dass der Umsatz mit E-Books von Jänner 2010 bis Jänner 2011 um über 115 Prozent auf 69,9 Millionen Dollar (49 Mio. Euro) gestiegen sei. Der Umsatz mit Hardcover-Büchern im Bereich Belletristik - Kinderbücher ausgenommen - sei im selben Zeitraum von 55,4 auf 49,1 Millionen Dollar gefallen, der Umsatz mit Taschenbüchern sei gar um 30 Prozent zurückgegangen.
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