Kopf schließt Parteiausschluss nicht aus
Der voraussichtliche Nachfolger von Ernst Strasser als Delegationsleiter der ÖVP im EU-Parlament, Othmar Karas, will erst nach einem Gespräch mit seinen Kollegen in Brüssel offiziell bekanntgeben, ob er die Leitung der ÖVP-Delegation übernimmt. Im Ö1-Interview versprach er am Mittwoch jedenfalls „Transparenz“ und einen „Neuanfang“.
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Die Menschen seien allein wegen des Lobbyvideos über Strasser zu Recht empört, so Karas. Man müsse nun einen Schnitt machen und einen Neubeginn setzen, um den er sich persönlich sehr bemühen werde. Als Lehre aus dem Fall Strasser betonte Karas, es müsse klar sein, dass Parteien nie Selbstzweck seien, sondern „Dienstleister zur Gestaltung der Politik“ - mehr dazu in oe1.ORF.at.
Auf die Frage, wie die ÖVP-Delegation in Brüssel künftig mit Lobbyisten umgehen wird, sagte Karas, er lehne Lobbyismus nicht von Haus aus ab. „Wir benötigen die Ideen der Menschen und den Aufschrei von Betroffenen, aber es muss eine ganz klare, unmissverständliche Trennung zwischen Lobbyismus und Korruption geben. Und es muss eine sehr klare Transparenz zwischen beruflicher und politischer Tätigkeit geben.“
„Zu wenige Sanktionsmöglichkeiten“
Karas sieht aber auch gesetzliche Lücken wie zu wenige Sanktionsmöglichkeiten, aber auch zu wenige Mittel, wie sich ein Abgeordneter zur Wehr setzen kann, „der hineingezogen wird“. Er werde sich bemühen, einen klaren Neuanfang zu setzen, und betonte, dass die nun bekannten Fälle zwar empörend seien, aber nicht für die Mehrheit der politisch Handelnden gelten würden. Alle seien gefordert, nicht nur in der Europapolitik, und er, Karas, wolle eine Vorreiterrolle einnehmen. Er werde sich darum bemühen, mit dem Team zu gemeinsamen Prioritäten zu kommen.
Strasser stellt Mitgliedschaft ruhend
Strasser selbst ist nicht mehr ÖVP-Mitglied. Der ehemalige Innenminister stellte seine Mitgliedschaft im ÖAAB Wien und Niederösterreich ruhend. Ein entsprechender Vorabbericht der Tageszeitung „Österreich“ wurde der APA am Dienstag von der ÖVP-Bundespartei, der ÖVP Niederösterreich und ÖAAB-Generalsekretär Lukas Mandl bestätigt.
Kopf und Fischler gegen Strasser-Rückkehr
In der ÖVP könnten für Strasser, nachdem er seine Parteimitgliedschaft selbst ruhend gestellt hat, die Türen allerdings für immer verschlossen bleiben. Sowohl ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf als auch Ex-EU-Kommissar Franz Fischler machten am Mittwoch klar, dass sie für den Ex-Delegationsleiter der ÖVP-Fraktion im EU-Parlament keinen Platz mehr in ihrer Partei sehen. Fischler sieht durch die Causa nicht nur einen Schaden für die ÖVP, sondern für die Politik insgesamt. Kopf sagte im Ö1-Morgenjournal, dass Strasser „selbstverständlich“ auch noch ausgeschlossen werden könnte.
Nach dem Bekanntwerden der Lobbyistenaffäre kam der erste Ruf nach einem Parteiausschluss vom Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Dieser betonte am Dienstag, er würde einen Antrag auf Ausschluss aus der ÖVP „sehr unterstützen“.
Forderung nach Gehaltsverzicht
Der EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser (Liste Martin) forderte per Aussendung von Strasser, nach seinem Ausscheiden aus dem EU-Parlament auf den Anspruch auf Übergangsgeld und Ruhegehalt zu verzichten. Strasser habe zuletzt den Bezug von netto 6.200,72 Euro monatlich für die kommenden sechs Monate trotz seiner privaten Einkünfte in einem Interview nicht ausgeschlossen. „Die einzige logische Konsequenz kann für Strasser nur bedeuten, auf sämtliche Vergütungen als EU-Abgeordneter zu verzichten“, so Ehrenhauser.
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky will nun auch Strassers Rückzug aus dem Beirat der österreichischen Staatsdruckerei. „Strasser sitzt nach wie vor im Beirat der österreichischen Staatsdruckerei, und es besteht der Verdacht, dass er dafür auch Geld kassiert“, so Vilimsky. Von der Staatsdruckerei wurde in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass Strasser zwischen 2008 und 2010 Mitglied des Beirates war, mittlerweile allerdings keine Funktion mehr ausübe.
Bandion will „Lobbyistengesetz“ umsetzen
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner kündigte unterdessen noch für heuer ein „Lobbyistengesetz“ an: „Ich überlege mir gesetzliche Verschärfungen.“ Sie wolle auf nationaler Ebene „Klarheit“ schaffen, man müsse diesen Bereich regeln, es sei mehr Transparenz erforderlich. Man sei schon dabei, die erforderlichen Maßnahmen auszuarbeiten, umgesetzt werden sollten diese „bald“, auf jeden Fall noch in diesem Jahr. Für ein Verhalten wie jenes von Strasser gebe es jedenfalls „null Toleranz“, so Bandion-Ortner. Die Staatsanwaltschaft ermittle bereits „auf Hochtouren“.
ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger ließ am Dienstagabend durchblicken, in welche Richtung das von Bandion-Ortner angekündigte Lobbyistengesetz gehen könnte. Die Volkspartei wünsche sich ein verpflichtendes Lobbyistenregister für Österreich, so Kaltenegger im ORF-„Report“.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) forderte anlässlich der Lobbyistenaffäre strengere Regeln für das Parlament. „Ich würde es für gut erachten, bei den Strafbestimmungen nachzuschärfen“, sagte sie dem „Kurier“ (Mittwoch-Ausgabe).
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