Enormer politischer Schaden
Der ehemalige israelische Staatspräsident Mosche Katzav hat fünf Kinder und sechs Enkelkinder. Er verkörperte in jeder Hinsicht ein traditionelles Leit- und Familienbild. Auch in der Politik galt er immer als ein verlässlicher Vertreter konservativer Werte.
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Dass er 2000 überraschend ins Amt des Staatsoberhaupts gewählt wurde, hatte er vor allem diesem glaubwürdigen Image zu verdanken. Umso dramatischer trafen die ersten Vorwürfe der Vergewaltigung und sexuellen Belästigung, die während seiner Präsidentschaft von drei Frauen gegen Katzav erhoben wurden, die israelische Öffentlichkeit. Erst nach langem Zögern rang sich Katzav zu einem Amtsverzicht durch - nun wurde er in Tel Aviv schuldig gesprochen und zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt.
Der politische Schaden ist enorm: Erstmals musste ein Staatsoberhaupt des Landes auf die Anklagebank. Schon in den ersten israelischen Kommentaren zum Prozessende im Dezember wurde die Affäre als weiterer Beleg für den moralischen und ethischen Verfall der politischen Eliten gedeutet.
Gegen Peres gewonnen
Dabei hatte alles so gut angefangen. Der konservative Likud-Politiker und mehrmalige Minister - der sich bei der Wahl 2000 überraschend gegen den jetzigen Präsidenten und damaligen sozialdemokratischen Favoriten Schimon Peres durchgesetzt hatte - hatte sich als achtes Staatsoberhaupt Israels wie erhofft zu einer Integrationsfigur der an Konflikten reichen israelischen Gesellschaft entwickelt.
Zwar verärgerte er hier und da liberale Kräfte, die strikt säkular orientierte Linke und die jüdische Reformbewegung, mit deren Hilfe viele Israelis dem Einfluss des orthodoxen Rabbinertums entfliehen. Aber er wirkte nicht konfrontativ. Er spaltete nicht. Er schien selbst das tiefe Misstrauen zwischen der alten Elite der europäischen Juden und den ärmeren Einwanderern aus den islamischen Ländern zu überbrücken.
Zionistische Bilderbuchbiografie
Katzav wurde im Iran geboren und arbeitete sich aus einfachsten Verhältnissen an die Spitze des israelischen Staates hoch. Mit seiner Familie landete der knapp Sechsjährige in Israel in einer Zeltstadt im Hinterland von Aschdod südlich von Tel Aviv. Aus der sogenannten Entwicklungsstadt wurde aber nicht zuletzt unter seiner Ägide als Bürgermeister ein selbstbewusstes Kiriat Malachi mit knapp 20.000 Einwohnern.
Im rechtskonservativen Likud gehörte Katzav nie der Fraktion der Außenpolitiker an, sondern konzentrierte sich seit Beginn der 80er Jahre in verschiedenen Ministerämtern auf innenpolitisch relevante Ressorts: Wohn- und Bauwesen, Arbeit und Soziales, Verkehr, Tourismus. Unter den schillernden Figuren der israelischen Politik fiel er vor allem dadurch auf, dass er unauffällig war. Als das Parlament im Jahr 2000 einen Nachfolger für Eser Weizmann suchte, der wegen eines Finanzskandals zurücktreten musste, galt er plötzlich als der ideale Mann.
An Skandale gewöhnt
Israel hat sich an Politiker gewöhnt, die sich an der Macht gerne mehr Rechte herausnehmen, als ihnen zustehen. Ministerpräsident Ehud Olmert und der zurückgetretene Armeechef General Dan Haluz etwa stehen wegen diverser Immobilien- und Aktiengeschäfte im Kreuzfeuer der Kritik. Auch kennt Israel zahllose Skandälchen und Sexgeschichten seiner politischen Vertreter.
Kurz vor Katzavs Amtsverzicht trat Haim Ramon als Justizminister zurück, nachdem der Generalstaatsanwalt eine Anklage wegen sexueller Belästigung angekündigt hatte.
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