Verhandlungen dementiert
Die Aufständischen im Osten Libyens haben Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi ein Ultimatum von 72 Stunden gestellt, um Angriffe gegen die Zivilbevölkerung zu stoppen und das Land zu verlassen.
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„Wenn er die Bombardierungen einstellt und das Land innerhalb von 72 Stunden verlässt, werden wir als Libyer davon Abstand nehmen, ihn strafrechtlich zu verfolgen“, sagte der Chef der Interimsverwaltung der Gaddafi-Gegner, Mustafa Abdul Dschalil, am Dienstag dem arabischen Fernsehsender al-Jazeera.
Dschalil war in Al-Gaddafis Regierung Justizminister, wechselte aber nach Ausbruch des Aufstands gegen ihn am 17. Februar auf die Seite der Regimegegner.
Front um Al-Gaddafi bröckelt
Unterdessen scheint die Loyalität im Umfeld des Langzeitmachthabers weiter zu bröckeln. Wie am Dienstag bekanntwurde, stellte der 68-Jährige, der sich vor über 40 Jahren an die Macht geputscht hatte, seinen Verteidigungsminister Abu Bakr Junis und den Alt-Revolutionär und langjährigen Geheimdienstchef Mustafa al-Charubi unter Hausarrest.
Die beiden Weggefährten Gaddafis aus frühen Jahren hätten die jüngsten Militäroperationen des Regimes abgelehnt, hieß es aus Tripolis. Junis ist einer von 26 Spitzenfunktionären des Regimes, gegen die die Europäische Union (EU) Kontensperren und Einreiseverbote verhängt hat.
Gerüchte über Gespräche „vollkommener Blödsinn“
Ein angebliches Verhandlungsangebot an die Rebellen wurde am Dienstag dementiert. Ein Vertreter des libyschen Außenministeriums bezeichnete Berichte, wonach Al-Gaddafi seinen Gegnern seinen Rückzug angeboten haben soll, als „vollkommenen Blödsinn“. Zuvor hatte der oppositionelle Nationalrat erklärt, dass er Verhandlungen mit Al-Gaddafi ablehne. Al-Gaddafi solle einfach „verschwinden und das Blutbad beenden“, sagte ein Sprecher des Gremiums.
Dschalil, führte aus, eine Gruppe von Anwälten aus Tripolis habe am Montag angeboten, bei Gesprächen mit dem Revolutionsführer zu vermitteln, der Rat habe das jedoch abgelehnt.
Al-Jazeera meldete Verhandlungen
Zuvor hatte der arabische TV-Sender al-Jazeera gemeldet, hinter den Kulissen habe der libysche Machthaber den Rebellen angeblich ein Treffen angeboten, um seinen Rücktritt gegen Garantien zu ermöglichen. Es hieß, Al-Gaddafi habe Premier Dschadallah Asus Talhi geschickt, um die Aufständischen zu treffen und ihnen einen Volkskongress zur Erarbeitung der Details eines Deals vorzuschlagen. Das Angebot wäre auf einen „ehrenhaften“ Rückzug des „Revolutionsführers“ hinausgelaufen und hätte Al-Gaddafis Opfer vor den Kopf gestoßen, berichtete al-Jazeera in der Nacht auf Dienstag unter Berufung auf der Parallelregierung nahestehende Quellen.
Mit Familie ins Exil?
Auch die arabische Zeitung „Al-Schark al-Awsat“ hatte berichtet, Al-Gaddafi habe Kontakt zum Nationalrat aufgenommen, angeblich um vorzuschlagen, dass er mit seiner Familie ins Exil geht. Dabei soll er als Bedingung genannt haben, dass er mitsamt seinem Vermögen ausreisen kann. Außerdem habe Al-Gaddafi laut al-Jazeera Sicherheitsgarantien für sich und seine Familie verlangt und ersucht, von Gerichtsverfahren verschont zu bleiben. Nach Angaben des TV-Senders wollte Al-Gaddafi die Macht einem Ausschuss übergeben, der vom Volkskongress gebildet wird.
Al-Gaddafi-Sohn warnt vor „neuem Somalia“
Einer von Al-Gaddafis Söhnen sagte hingegen, der Machthaber könne nicht zurücktreten. Denn das würde zu einem Bürgerkrieg führen, so Saadi al-Gaddafi im Interview mit dem Sender al-Arabija. Demnach warnte er auch davor, dass sich Libyen in ein „neues Somalia“ verwandeln könnte, wo die Stämme gegeneinander kämpfen. Außerdem betonte er, dass sein Vater die Armee noch nicht zu vollem Kampf gegen die Rebellen angewiesen habe, um Libyen vor ausländischen Angriffen zu schützen.
Die Universität in der sudanesischen Hauptstadt Khartum erkannte Al-Gaddafi den Ehrendoktor ab, den sie ihm 1996 verliehen hatte. Die Entscheidung sei am Montag wegen des Vorgehens der libyschen Führung „gegen Zivilisten“ gefallen, teilte die Hochschule am Dienstag mit.
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