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„Verschiedene Kanäle“ zu Opposition

Die US-Regierung hat den Forderungen nach Waffenlieferungen an die Gegner des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafis vorerst eine Absage erteilt. Dafür sei es „zu früh“, sagte Sprecher Jay Carney am Montag (Ortszeit). Das Weiße Haus in Washington teilte mit, es diskutiere mit der libyschen Opposition auf „verschiedenen Kanälen“.

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Regierungssprecher Carney sagte, Waffenlieferungen an die Rebellen seien eine der Möglichkeiten, die erwogen würden. Es wäre allerdings „verfrüht, einen Haufen Waffen an ein Postfach im Osten Libyens zu schicken“, fügte er hinzu.

Neue Attacken auf Ras Lanuf

Kampfflugzeuge Al-Gaddafis flogen am Dienstag neue Angriffe gegen die Stadt Ras Lanuf im Osten des Landes. Das berichteten arabische Fernsehsender. Angaben über Tote oder Verletzte lagen zunächst nicht vor. Ein zweistöckiges Wohnhaus in der Nähe des Erdölhafens wurde beschossen, wie ein AFP-Reporter berichtete. Die Explosion zerstörte die Fassade im Erdgeschoß und hinterließ einen zwei Meter tiefen Krater in der Nähe des Gebäudes. Die Stadt am Mittelmeer war schon am Vortag von Regimetruppen angegriffen worden. Die Truppen hatten am Montag erneut Flugzeuge und Panzer gegen die Aufständischen eingesetzt. Diese gerieten zunehmend unter Druck. Gefechte wurden am Dienstag auch aus Misrata gemeldet, al-Sawija lag unter Artilleriebeschuss.

Den Aufständischen droht nun auch das Benzin auszugehen. In der von Al-Gaddafi-Gegnern kontrollierten Landeshälfte gebe es nur noch Fahrzeugtreibstoff für eine Woche, berichtete die in Dubai erscheinende Tageszeitung „Gulf News“ am Dienstag unter Berufung auf einen Beamten der Übergangsregierung in der ostlibyschen Metropole Bengasi.

„Es gibt einen Plan, dieses Problem zu überwinden, aber es ist noch zu früh, darüber zu reden“, sagte der Beamte der Zeitung. Der Osten Libyens ist zwar reich an Erdöl und verfügt auch über eigene Raffinerien, doch diese stellten wegen der anhaltenden Kämpfe zwischen Aufständischen und Regimetruppen ihre Produktion weitgehend ein. Einen Ausweg sehen Experten darin, Öl aus der Region nach Italien zu verschiffen und dort zu Treibstoff zu verarbeiten.

„Niemand hat ein klares Bild“

Libyen will angeblich Beobachter der Vereinten Nationen und der Europäischen Union ins Land lassen. „Wir werden sie eskortieren, wir werden sie beschützten, und sie werden die Möglichkeit haben, überall hinzugehen“, zitierte ein hochrangiger EU-Diplomat am Dienstag einen Regierungsvertreter aus Tripolis. Die libysche Staatsführung habe in Gesprächen zugesichert, dass eine Untersuchungsmission sofort mit der Arbeit beginnen könne.

Die noch in Libyen verbliebenen Diplomaten aus EU-Staaten betonten nach Angaben aus Brüssel die Notwendigkeit von unabhängigen Untersuchungen. „Wir wissen, dass es Menschenrechtsverletzungen gibt. Aber wir sind nicht in der Lage zu sagen, wer dafür verantwortlich ist“, sagte der EU-Diplomat nach seiner Rückkehr aus Tripolis. Derzeit lasse sich nach Einschätzung der Diplomaten nicht einmal sagen, ob die Oppositionskräfte in Libyen demokratische Ziele verfolgten. „Niemand hat ein klares Bild“, sagte der EU-Diplomat.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte den Italiener Agostino Miozzo nach Libyen entsandt, um sich vor dem EU-Gipfel über mögliche Maßnahmen gegen die Regierung ein Bild der Lage zu verschaffen. Ashtons Sprecher Michael Mann sagte, es habe sich bei den Kontakten zwischen Miozzo und einem Vertreter des Regimes „um eine ausschließlich technische Erkundungsmission gehandelt“: „Es gab keinerlei Kontakte mit irgendwelchen politischen Kräften.“ Die EU habe noch nicht entschieden, ob sie das Angebot zur Entsendung von Beobachtern annehme.

NATO-Überwachung rund um die Uhr

NATO-Aufklärungsflugzeuge überwachen unterdessen jetzt rund um die Uhr die militärischen Aktionen des Regimes. Man habe die Entscheidung getroffen, den Einsatz von AWACS-Maschinen im Mittelmeer-Raum von bisher zehn auf 24 Stunden täglich auszudehnen, sagte der US-amerikanische NATO-Botschafter Ivo Daalder am Montag. Ziel sei, „ein besseres Bild davon zu bekommen, was wirklich in diesem Teil der Welt vor sich geht“.

Mit den AWACS-Flugzeugen verfügt die NATO über ein ausgeklügeltes Aufklärungs- und Frühwarnsystem. Mit ihren Radaraufbauten können die Maschinen Objekte in bis zu 400 Kilometer Entfernung orten und identifizieren. Das elektronische Auge kann ein Gebiet von mehr als 312.000 Quadratkilometern überblicken. Die Abkürzung AWACS steht für „Airborne Warning And Control System“ (luftgestütztes Warn- und Überwachungssystem).

Links:

  • NATO
  • Weißes Haus(www.whitehouse.gov/)
  • Arabische Liga (www.arableagueonline.org/)
  • Libyen (CIA-Factbook)
  • tvthek.ORF.at (Themenschwerpunkt)