Gewalt und Entzug von Menschenrechten
Gewalt, kaum existente Gesundheitsversorung und „brutale Armut“ machen Afghanistan zum gefährlichsten Land für Frauen. Das ergab eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage der Thomson Reuters Foundation unter Expertinnen und Experten. Die Demokratische Republik Kongo ist angesichts einer erschreckend hohen Vergewaltigungsrate das zweitgefährlichste Land für Frauen.
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Pakistan, Indien und Somalia landen auf den Plätzen drei bis fünf der weltweiten Umfrage, in der Experten nach ihrer Einschätzung von Gefahren wie häusliche Gewalt, wirtschaftliche Diskriminierung bis hin zur Tötung weiblicher Föten, Genitalverstümmelung und Säureattacken gefragt wurden.
Für besondere Überraschung sorgt dabei, dass Indien unter den fünf gefährlichsten Ländern aufscheint. Das Land legt seit Jahren eine rasante wirtschaftliche Entwicklung hin. Indien sei vor allem wegen des verbreiteten Frauenhandels und der Tötung von Mädchen gefährlich, so der britische „Guardian“ über die Rangliste. Andere Länder waren demnach nicht überrascht, dass sie auf der Liste aufscheinen. Somalias Frauenministerin Maryan Quasim sagte: „Ich dachte, Somalia würde auf dem ersten und nicht dem fünften Platz sein.“
Sechs Kategorien
TrustLaw befragte 213 Genderexpertinnen und -experten weltweit, um die Länder anhand von sechs Gefahrenkategorien einzustufen: Gesundheitsrisiken, sexuelle Gewalt, nicht sexuelle Gewalt, kulturelle und religiöse Faktoren, Mangel an Zugang zu Ressourcen und Menschenhandel.
Es fehlt am Nötigsten
Der andauernde Konflikt in Afghanistan, die ISAF-Luftangriffe und „kulturelle Praktiken“ zusammen machen Afghanistan „zum gefährlichsten Platz für Frauen“, so Antonella Notari, Leiterin von Women Change Makers, einer Organisation, die weibliche soziale Unternehmerinnen auf der ganzen Welt unterstützt.
Dazu komme, „dass Frauen, die öffentlich die tradierten Geschlechterrollen infrage stellen - und etwa als Polizistinnen arbeiten -, oft angegriffen oder ermordet werden“. Auch in der Gesundheitsversorgung fehlt es am Nötigsten: Die Sterblichkeitsrate von Schwangeren ist hoch und der Zugang zu Ärzten stark eingeschränkt, dazu kommt noch das „beinahe völlige Fehlen ökonomischer Rechte“.
„Atemberaubende sexuelle Gewalt“
Das „atemberaubende Ausmaß sexueller Gewalt“ im Osten des Kongo macht dieses Land zum zweitgefährlichsten für Frauen weltweit. In einer UNO-Studie wurde zuletzt die Zahl der jährlichen Vergewaltigungen auf mehr als 400.000 geschätzt. Pakistan, das auf Platz drei liegt, ist vor allem wegen seiner kulturell und religiös bedingten Praktiken ein Land, in dem Frauen besonders viel leiden müssen. „Dazu zählen Säureattacken, Kinderehen und Strafen wie Steinigung und Missbrauch“, heißt es in dem Bericht. Das Land hat eine der höchsten Raten an Mitgiftmorden, „Ehrenmorden“ und Zwangsheirat.
Der vierte Platz für Indien wird mit einer Schätzung des indischen Bundeskriminalamts untermauert. Demnach fanden 2009 90 Prozent des Menschenhandels innerhalb des Landes statt, und es gab drei Millionen Prostituierte, rund 40 Prozent davon Kinder. Dazu kommen noch Zwangsheirat und Zwangsarbeit als besondere Gefahrenquellen für indische Frauen. Der „Guardian“ zitiert dazu eine UNO-Schätzung, wonach in den letzten 100 Jahren bis zu 50 Millionen Mädchen wegen der Ermordung weiblicher Föten und Babys „verschwanden“, weil Söhne begehrter sind.
„Verborgene Gefahren“
„Verborgene Gefahren - wie mangelnder Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung - sind genauso wenn nicht noch tödlicher als körperliche Gefahren wie Vergewaltigung und Mord, die gewöhnlich für Schlagzeilen sorgen“, so die Leiterin der Thomson Reuters Foundation, Moniqua Villa. In Afghanistan habe eine Frau ein Risiko von eins zu elf, bei der Geburt zu sterben. Und in den fünf Ländern mit dem höchsten Risiko für Frauen würden diesen grundsätzliche Menschenrechte „systematisch verweigert“.
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