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„Dramatische Verschiebung“

Karl-Theodor zu Guttenberg ist nun doch über seine Plagiatsaffäre gestürzt und als deutscher Verteidigungsminister zurückgetreten. „Wenn es auf dem Rücken der Soldaten nur noch um meine Person gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten“, sagte der CSU-Politiker am Dienstag in Berlin.

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„Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“ Der Verteidigungsminister machte deutlich, dass er sich mit seinem Rücktritt schwergetan habe. Das sei „unbefriedigend, aber allzu menschlich“. Man gebe nicht leicht ein Amt auf, „an dem das Herzblut hängt“.

Guttenberg betonte in seiner öffentlichen Erklärung, es sei die „schmerzlichste Entscheidung“ seines Lebens. „Wenn es auf dem Rücken der Soldaten nur noch um meine Person gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten“, sagte er.

„Dramatische Verschiebung“

Guttenberg kritisierte eine „enorme Wucht der medialen Betrachtung“ seiner Person. Der Tod und die Verwundung von Soldaten rückten in den Hintergrund. Das sei eine „dramatische Verschiebung“. Für das fordernde Amt des Verteidigungsministers brauche man ungeteilte Konzentration und fehlerfreie Arbeit. Er habe die größte Reform in der Geschichte der Bundeswehr angestoßen, betonte Guttenberg.

Deutscher Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg verlässt das Rednerpult

Reuters/Fabrizio Bensch

Guttenberg nach seiner Rücktrittserklärung

Guttenberg hatte in seiner Doktorarbeit zu großen Teilen fremde Texte verwendet, ohne das anzugeben. Er räumte schwere Fehler ein, bestritt aber einen Vorsatz. Die Universität Bayreuth erkannte seinen Doktortitel ab. In seinem Rücktrittsstatement entschuldigte sich Guttenberg erneut für seine „Fehler“.

Der Shootingstar der Union will sich schnell staatsanwaltlichen Ermittlungen zu den Plagiatsvorwürfen gegen ihn stellen. Er habe Respekt vor all jenen, die die Vorgänge strafrechtlich überprüft sehen wollen, sagte Guttenberg. „Es würde daher nach meiner Überzeugung im öffentlichen wie in meinem eigenen Interesse liegen, wenn auch die staatsanwaltlichen Ermittlungen etwa bezüglich urheberrechtlicher Fragen nach Aufhebung der parlamentarischen Immunität, sollte dies noch erforderlich sein, zeitnah geführt werden können.“

Will auch Bundestagsmandat zurücklegen

Am Dienstagabend wurde schließlich bekannt, dass Guttenberg auch sein Mandat als Bundestagsabgeordneter abgeben will. Er habe bei Bundestagspräsident Norbert Lammert eine entsprechende Erklärung abgegeben, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus CSU-Kreisen. Die CSU will ihn aber offenbar überzeugen, das Mandat zu behalten.

Merkel wollte Guttenberg halten

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte noch am Vortag trotz wachsender Kritik aus den Reihen der Unionsparteien an Guttenberg, der bereits als möglicher Kanzlerkandidat der Union nach Merkel gehandelt worden war, festgehalten.

Gesuch „schweren Herzens“ angenommen

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauerte Guttenbergs Entscheidung und sagte, sie habe sein Entlassungsgesuch „schweren Herzens“ angenommen. Er habe sein Amt „mit Tatkraft und Entschlossenheit“ wahrgenommen und mit der Bundeswehr unumgängliche neue Weichenstellungen eingeleitet. Merkel würdigte Guttenbergs Fähigkeit, „die Herzen der Menschen zu erreichen“.

„Grenzen meiner Kräfte“

Guttenberg hatte seinen Rücktritt damit begründet, dass die Aufmerksamkeit um seine Person von den eigentlich wichtigen Fragen ablenke. Für „eine Entscheidung von dieser Tragweite“ habe er sich eine gewisse Zeit nehmen müssen. Er habe so auch die Trauerfeier für drei in Afghanistan getötete deutsche Soldaten abgewartet. „Es gehört sich, ein weitgehend bestelltes Haus zu verlassen“, sagte er. Die Bundeswehrreform könne nun sein Nachfolger umsetzen. „Das Konzept für die Reform steht.“

Merkel war offensichtlich am Dienstag auf der Computermesse CeBIT in Hannover über seinen Schritt informiert worden. Die Kanzlerin hatte ihren Rundgang auf der Computermesse überraschend unterbrochen und längere Zeit telefoniert. Dem Vernehmen nach stimmte sich Merkel auch mit dem Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle und dem bayrischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer ab.

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