Kulturelles Erbe in ernster Gefahr
Von den Maya-Ruinen in Yucatan bis zu den Jahrtausende alten Bauten von Paquime im Norden des Landes: Geschätzte 200.000 archäologische Fundplätze befinden sich in Mexiko, und auf ihnen unzählige Kulturschätze. Doch nicht nur der Tourismus profitiert vom Reichtum vergangener Tage, auch Plünderer und Hehler werden von der Vielfalt an antiken Kunstschätzen angelockt.
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Laut Angaben der mexikanischen Regierung ist mit rund 40.000 auch nur ein Bruchteil der historischen Stätten genau registriert, nur 160 stehen unter Aufsicht und sind für die Öffentlichkeit zugänglich. Der Großteil ist nicht wissenschaftlich aufgearbeitet, manche Fundorte befinden sich auf Privatgrund oder in sehr abgelegenen Gegenden. Sie bieten so ein wahres Eldorado für Diebe, die ein Vermögen mit gestohlenen Antiquitäten verdienen.

Reuters/Daniel Aguilar
Nicht alle historischen Stätten in Mexiko sind so gut aufgearbeitet wie Tula, wo die berühmten, 4,60 Meter hohen Steinfiguren wieder zusammengesetzt wurden.
Mexikos Kampf gegen den Handel und Schmuggel mit den wertvollen Gegenständen gleicht einem Kampf gegen Windmühlen, kennt man doch weder ansatzweise die Zahl der betroffenen Artefakte noch ihren Wert, wie die britische BBC in einem Onlineartikel berichtete.
ICOM veröffentlichte Rote Liste
Auch das International Council of Museums (ICOM) sieht das prähispanische und koloniale kulturelle Erbe Mexikos und Mittelamerikas ernsthaft in Gefahr. Bereits im Juni 2010 wurde eine Rote Liste erarbeitet, die Museen, Kunsthändlern, Sammlern sowie Zoll- und Polizeibeamten dabei helfen soll, Objekte zu identifizieren, die eventuell illegal aus den betroffenen Ländern ausgeführt wurden.
Auf Ausfuhr und Handel der Gegenstände steht gemäß einem internationalen Abkommen eine Gefängnisstrafe von bis zu zwölf Jahren. Dennoch ist die Nachfrage nach dem Schmuggelgut vor allem in den USA seit Jahrzehnten ungebrochen.
Organisierte Banden plündern im großen Stil
Am meisten Kopfzerbrechen verursachen den Behörden die professionell agierenden Banden. „Das Problem sind Plünderungen im großen Stil“, erklärte Enrique Vela, Herausgeber des archäologischen Magazins „Arqueologia Mexicana“, gegenüber der BBC. „Diese Netzwerke haben mehr Kapazitäten und oft mehr Geld als wir Archäologen. Sie wissen genau, wo sie graben müssen, um etwas zu finden.“

AP/Giovanna Dell'Orto
Die Maya-Pyramiden in Yucatan zählen zu den wichtigsten mexikanischen Touristenattraktionen.
2008 gründete die Regierung eine Arbeitsgruppe, die damit beauftragt wurde, eine Datenbank vermisster Artefakte anzulegen und konkrete Fälle aufzudecken. Ein Teil davon besteht in der Überwachung internationaler Auktionen. „Sobald wir hören, dass ein Auktionshaus einen mexikanischen Kunstgegenstand verkaufen will, treten wir in Aktion“, sagte Rene Salazar von der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft im Interview mit der BBC.
Maya-Stätte wurde zur Pferdekoppel
Doch nicht nur Diebstähle gefährden die Kulturschätze, auch Unachtsamkeit oder Unwissenheit der Bevölkerung stellen eine ernsthafte Bedrohung dar: So wurde unlängst eine 2.300 Jahre alte Maya-Stätte in Mexiko dem Erdboden gleichgemacht, weil der Besitzer des Landes dort eine Pferdekoppel errichten wollte. Die Zeitung „Reforma“ berichtete, mehrere historische Bauten seien zerstört worden.
Der Landbesitzer Ricardo Ascencio Maldonado hatte das Territorium in der Nähe der Ortschaft Chicxolub Pueblo in Yucatan erst vor drei Monaten erworben und es mit schwerem Gerät planieren lassen. „Niemals hat man mir gesagt, dass es eine archäologische Stätte war“, sagte er dem Blatt zufolge. „Deshalb habe ich das Gelände planiert, um eine Koppel zu bauen.“
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