Rekord liegt bei fünfeinhalb Minuten
Man hat 45 Sekunden Zeit, mehr als eine Milliarde Menschen schauen zu: Oscar-Gewinner stehen unter großem Druck, wenn sie ihre Dankesrede halten. Kurz und knapp machte es denn auch Alfred Hitchcock, als er 1968 nach fünf gescheiterten Nominierungen zumindest einen Ehren-Oscar in Empfang nahm.
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Unter lautem Applaus trat der Regisseur auf die Bühne, er bedankte sich mit den Worten „Thank You“. Als er nach einer kleinen Pause noch „Ich danke Ihnen vielmals“ nachsetzte, war das Mikrofon schon abgestellt. Länger machte es hingegen die britische Schauspielerin Greer Garson im Jahr 1943. Mit der Trophäe für ihre Hauptrolle in dem Kriegsdrama „Mrs. Miniver“ in der Hand, war sie fünfeinhalb Minuten lang nicht zu bremsen - bisheriger Rekord. Danach führte die Oscar-Akademie ein Zeitlimit ein.
Es liegt heute bei 45 Sekunden. Das wurde den Oscar-Anwärtern Anfang Februar beim traditionellen Lunch-Empfang noch einmal eingebläut. Ja keine langen Namenslisten herunterrasseln und erst recht keinen Spickzettel aus dem Smoking oder Dekollete ziehen. Tom Hanks ließ sich von der Academy für ein Video mit Tipps für die Dankesrede einspannen. Darin mahnt der zweifache Oscar-Preisträger: „Wer von einer langen Namensliste abliest, zeigt uns dabei nur seine kahle Stelle auf dem Kopf.“
Mahnende Countdown-Uhr und anschwellende Musik
Wer auf der Bühne steht, sieht eine Countdown-Uhr, die 45 Sekunden herunterzählt. Dann wird die Musik hochgefahren, bis der Redner verstummt. Doch das wird von den stolzen Gewinnern gerne überhört. Mit Tränen in den Augen und nahezu fassungslos rang etwa Halle Berry 2002 nach Worten, nachdem sie als erste Schwarze in der Oscar-Geschichte den Preis für die beste Hauptdarstellerin („Monster’s Ball“) bekam. Als sie die Redezeit überschritt, rief Berry in den Saal: „74 Jahre hat es gedauert, jetzt nehme ich mir einfach die Zeit“ - insgesamt gelang es ihr, in der Rede immerhin 32-mal Danke zu sagen.
Eine weinende Gwyneth Paltrow brauchte 1999 ganze zwei Minuten und 40 Sekunden, um unzähligen Kollegen und Verwandten für ihren „Shakespeare in Love“-Oscar zu danken. „Jerry Maguire“-Star Cuba Gooding Jr. brachte 1997 alle zum Lachen, als er 14-mal „I love you!“ und jede Menge Luftsprünge in seine Jubelrede packte.
„Komponieren ist viel einfacher als das hier“
Er würde seine „langweilige“ vorbereitete Rede gleich vergessen, sagte hingegen der deutsche Filmkomponist Hans Zimmer, als er 1995 den Musik-Oscar für „Der König der Löwen“ in der Hand hielt. „Ich bin unglaublich nervös. Ich sage euch, Filmmusik zu komponieren ist viel einfacher als das hier“, stammelte der gebürtige Frankfurter und machte sich schnell wieder von der Bühne. Mit der Musik für „Inception“ ist er in diesem Jahr zum neunten Mal für Hollywoods höchsten Preis nominiert.
Andere trumpfen selbstsicher auf, wie Regisseur James Cameron, der sich 1998 nach seinem „Titanic“-Sieg zum „König der Welt“ erklärte. Dokumentarfilmer Michael Moore („Bowling for Columbine“) nutzte seine 45 Sekunden im Jahr 2003 für harsche Kritik am Irak-Krieg und dem US-Präsidenten: „Wir sind gegen diesen Krieg, George Bush! Schande über Sie, Mr. Bush! Ihre Zeit ist abgelaufen!“ Neben Beifall erschallten lautstarke Buhrufe im Saal.
Adrien Brody (bester Hauptdarsteller in „Der Pianist“) appellierte, „für eine friedliche und rasche Lösung“ zu beten. Doch Oscar-Geschichte machte dann sein stürmischer Kuss, mit dem er Halle Berry fast zu Boden warf, als sie dem überglücklichen Brody die Trophäe überreichte.
Marlon Brando verzichtete auf Rede
Gänzlich auf eine eigene Dankesrede verzichteten 1972 hingegen Marlon Brando. Statt für seine Darstellung in „Der Pate“ persönlich auf die Bühne zu kommen, schickte er Sacheen Littlefeather in Apachenkleidung. Diese lehnte die Trophäe mit Verweis auf die Behandlung der Indianer durch die amerikanische Filmindustrie im Namen Brandos ab. Seither sind stellvertretende Annahmen des Oscars verboten.
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