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Favorit setzt sich durch

Erstmals in der Geschichte der Berlinale geht der Goldene Bär in den Iran. Das Familiendrama „Nader und Simin, eine Trennung“ von Asghar Farhadi erhielt am Samstagabend neben dem Hauptpreis der 61. Filmfestspiele außerdem drei weitere Auszeichnungen. Der Film galt von Anfang an als klarer Favorit für die Auszeichnungen.

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Mit Silbernen Bären für die beste Darstellerleistung wurde sowohl das Schauspielerinnenensemble als auch das Team der männlichen Darsteller geehrt. Auch der Preis der Ökumenischen Jury ging an den Film, ebenso wie der Preis einer Leserjury der „Berliner Morgenpost“. Mit dem Preis für den Iran setzte die internationale Jury unter Vorsitz der Schauspielerin Isabella Rossellini ein deutliches politisches Zeichen.

Geschichte einer Scheidung

Filmemacher im Iran haben es derzeit im Kampf mit der Zensur schwer wie nie zuvor. Nachdem Farhadis regimekritischer Landsmann Jafar Panahi wegen einer Gefängnisstrafe seinen Platz in der Berlinale-Jury nicht einnehmen konnte, zog der iranische Wettbewerbsbeitrag von Anfang an große Aufmerksamkeit auf sich. Auch vor dem Hintergrund der neuerlichen Proteste gegen das Regime in Teheran kommt dem Preis für einen iranischen Filmemacher besondere Signalwirkung zu.

Preisverleihung der Berlinale

Reuters/Fabrizio Bensch

Regisseur Farhadi und seine Hauptdarstellerin mit ihren Trophäen

Der 38-jährige Farhadi erzählt in „Nader und Simin“ von einem mittelständischen Ehepaar. Als Simin die Scheidung einreicht, stellt ihr Mann Nader eine aus einer armen, religiösen Familie stammende Pflegehelferin für den an Alzheimer erkrankten Großvater ein. Als Nader erfährt, dass sein Vater von der Helferin vernachlässigt wird, kommt es zum Eklat. Schließlich steht Nader unter Mordverdacht vor Gericht. Farhadi hatte 2009 bereits für „Alles über Elly“ einen Silbernen Bären für die beste Regie erhalten.

Preisverleihung der Berlinale

APA/DPA/Hannibal Hanschke

Alle Preisträger versammelten sich am Ende der Gala auf der Bühne.

Vorsichtige Kritik an Regime bei Preisrede

Im Iran soll der Film erst anlaufen. Farhadi sagte in Berlin, er sei sehr gespannt, wie der Film von seinen Landsleuten aufgenommen werden wird. Über seine Heimat meinte er diplomatisch: „Was vorher nicht einfach war, ist jetzt ziemlich schwierig geworden“ - mit Blick auf die Zeit nach der Wahl im Juni 2009 und den darauffolgenden Protesten gegen angebliche Wahlfälschung und die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad.

Farhadi erinnerte am Samstag bei der Übernahme des Goldenen Bären auch an seinen inhaftierten Regisseurskollegen Panahi („Der weiße Ballon“, „Der Kreis“). Er hoffe, dass dieser im kommenden Jahr ebenfalls hier stehen werde, sagte der Filmemacher. Vorsichtig äußerte er sich auch zum Thema Zensur. Diese erschöpfe sich nicht nur im Herausschneiden von einzelnen Szenen aus einem Film, meinte er. Schon von Beginn an müsse man „bestimmte Dinge im Kopf haben und beachten.“

Zwei Preise für deutsche Regisseure

Zwei Auszeichnungen holten deutsche Regisseure: den Silbernen Bären für die beste Regie nahm Ulrich Köhler für seinen Entwicklungshelferfilm „Schlafkrankheit“ entgegen. Den Alfred-Bauer-Preis erhielt Andres Veiel für sein RAF-Drama „Wer wenn nicht wir“. Mit dem Großen Preis der Jury wurde der Ungar Bela Tarr für sein in schwarz-weiß gedrehtes Epos „The Turin Horse“ geehrt.

Den Preis für das beste Drehbuch erhielten US-Regisseur Joshua Marston und der gebürtige Albaner Andamion Murataj für „The Forgiveness Of Blood“. Der Film erzählt von albanischen Jugendlichen, die unter dem bis heute gültigen Gesetz der Blutrache leiden.

Lobende Erwähnung für „Die Vaterlosen“

Einen Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung gab es zu gleichen Teilen für Kamera (Wojciech Staron) und Produktionsdesign (Barbara Enriquez) von „El Premio“ (Der Preis). Die Regisseurin Paula Markovitch erzählt darin die autobiografisch inspirierte Geschichte einer Kindheit zu Beginn der Militärdiktatur in Argentinien.

Auch ein österreichischer Kinofilm konnte bei der 61. Biennale einen Erfolg verbuchen. Als Bester Erstlingsfilm erhielt Marie Kreutzers vom ORF kofinanziertes Spielfilmdebüt „Die Vaterlosen“ eine lobende Erwähnung.

Insgeamt waren 16 Filme aus aller Welt im Rennen um die Berlinale-Trophäen. Der siebenköpfigen Berlinale-Jury gehörten auch die deutsche Schauspielerin Nina Hoss, Bollywood-Star Aamir Khan und der kanadische Regisseur Guy Maddin an.

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