Schnelle Abwehr
2006 war ein wichtiges Jahr für Karl-Theodor zu Guttenberg: In seiner zweiten Legislaturperiode im Bundestag begann er damit, mehr Interviews zu geben und sich allmählich zu profilieren. Und er gab an der Universität Bayreuth seine Doktorarbeit ab, eine in der damals noch vom ehrgeizigen Edmund Stoiber geführten CSU wichtige Voraussetzung für höhere Weihen.
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Doch während Guttenberg die Profilierung als Politiker eindrucksvoll gelang, gibt es nun Zweifel an seiner wissenschaftlichen Redlichkeit: Von zwei Juristen erhobene Plagiatsvorwürfe rütteln an Guttenbergs Glaubwürdigkeit - der Verteidigungsminister beeilte sich entsprechend mit einem Gegenschlag.
Am vergangenen Wochenende hatte der Bremer Jusprofessor Andreas Fischer-Lescano Guttenbergs Dissertation mit dem Titel „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU“ genauer unter die Lupe genommen. Er habe sich dafür interessiert, „was ein konservativer Rechtspolitiker, der bei angesehenen Kollegen promoviert wurde und die Bestnote erhielt, zu dem Thema zu sagen hat“, berichtete Fischer-Lescano der „Süddeutschen Zeitung“.
24 Passagen
Doch während der im linken Spektrum aktive Jurist bei der fachlichen Bewertung in einer Rezension für die Fachzeitschrift „Kritische Justiz“ zum Schluss kommt, die Bestnote sei „mehr als schmeichelhaft“ angesichts von „Politsprech“ und der „Nacherzählung rechtspolitischer Diskussionen“, steckt die eigentliche Brisanz in der Anlage der Rezension: Unter der Überschrift „Fundstücke“ stellt Fischer-Lescano dort 24 Passagen gegenüber, die in der Dissertation so wirken, als würden sie von Guttenberg stammen, die aber tatsächlich aus Texten anderer Autoren herrühren.
Ist das angesichts einer Fülle von 475 Seiten eine verzeihliche Sünde oder doch ein Vergehen? Nach Bewertung Fischer-Lescanos Letzteres. Er hält das Vorgehen Guttenbergs für systematisch und sieht darin einen Verstoß gegen die Prüfungsordnung.
„Nicht bloße Unachtsamkeit“
Der Frankfurter Jurist Felix Hanschmann, der Guttenbergs Text ebenfalls prüfte, sagt dazu: „Das kann man nicht mehr als bloße Unachtsamkeit qualifizieren. Das ist vergleichbar mit anderen Fällen, die vor Gericht entschieden wurden und in denen der Doktortitel aberkannt wurde.“ Ein aberkannter Doktortitel wäre eine beispiellose Blamage für Guttenberg. Schon durch die jüngsten Vorfälle bei der Bundeswehr ist der Überflieger der CSU seit mehreren Wochen in Verteidigungsposition, ein aus dem Briefkopf radierter „Dr.“ würde ihn zum Gespött machen.
Die Entscheidung über das Vorgehen kann alleine die Universität in Bayreuth treffen. Der Dekan der Juristen, Markus Möstl, erklärte: „Wir prüfen jetzt, ob dieser Vorwurf berechtigt ist.“ Noch am Mittwoch sollte die Kommission zur Selbstkontrolle in der Wissenschaft den Fall beraten. Für die Universität geht es um viel: Sie konnte sich bisher mit dem Doktoranden Guttenberg schmücken. Andererseits sind Zweifel an der wissenschaftlichen Aufrichtigkeit Gift für die Reputation.
„Mit großer Gelassenheit“
Guttenberg selbst erkannte schnell, um wie viel es für ihn geht. Zunächst ließ er noch entspannt eine Erklärung verbreiten, in der es hieß, er sehe der Prüfung seines Textes „mit großer Gelassenheit“ entgegen. Doch nachdem auch bei der Opposition in Berlin die Vorwürfe mit einigen bösen Kommentaren aufgegriffen wurden, ging Guttenberg in die Offensive. „Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus“, erklärte er.
Vorsorglich wies Guttenberg den Verdacht zurück, ein Ghostwriter könnte seine Arbeit geschrieben haben. „Die Anfertigung dieser Arbeit war meine eigene Leistung.“ Nun bleibt zu prüfen, ob sich im Jahr 2006 ein ehrgeiziger Promotionsstudent mit Bundestagsmandat an einigen Stellen seiner Arbeit mit fremden Federn schmückte, ohne das zu kennzeichnen, und sich so sein „summa cum laude“ erschlichen hat - oder ob aus dem linken politischen Lager versucht wird, mit Hilfe einiger fehlender Belegstellen an Guttenbergs Glaubwürdigkeit zu rütteln.
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