Wie Gastland ausspionieren?
Für die mangelnden Informationen und Warnungen vor und über die Ägypten-Krise haben die amerikanischen Geheimdienste, vor allem die CIA, bereits eine Kopfwäsche erhalten. Kritisiert wurde vor allem, dass offene Quellen wie Facebook und Twitter kaum Beachtung fanden. Die CIA steht aber vor einem Dilemma, das sich insbesondere seit dem 11. September 2001 noch verschärfte.
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Im Mittelpunkt steht die Frage, wie man mit seinem Gastgeber arbeiten und ihn gleichzeitig ausspionieren kann. Dieser Zwiespalt ist eine der großen Schwierigkeiten des Geheimdienstes, die derzeitige Revolution zu verstehen. Denn Beziehungen mit Geheimdienstchefs wie General Omar Suleiman, der nun trotz des Machtvakuums nach dem Rücktritt von Langzeitpräsident Hosni Mubarak weiterhin Vizepräsidenten in Ägypten zu sein scheint, wurden gepflegt. Die Welt der Demonstranten zu verstehen wurde aber eher vernachlässigt, argumentierte der Journalist und Autor David Ignatius in einem Kommentar der „Washington Post“.
Suleiman treuer Diener der CIA
Suleiman wirkte als Geheimdienstchef fast 20 Jahre hinter den Kulissen. In dieser Zeit baute er auch enge Beziehungen zu den Geheimdiensten der USA auf. US-Berichten zufolge war er auch an dem Programm zur Verschleppung von Terrorverdächtigen zur Befragung und Folter durch die CIA im Ausland beteiligt. Suleiman soll „der Kontaktmann der CIA in Ägypten für das Transferprogramm“ gewesen sein, berichtete die Geheimdienstexpertin Jane Meyer in dem Magazin „New Yorker“.

APA/EPA/Seliman el Oteifi
Suleiman hat hochrangige Kontakte in den USA.
Kontakte gut für die Karriere
Die Kontakte zu Geheimdiensten vor Ort werden vom CIA als „Liaison“ bezeichnet. Gute Beziehungen zu diesen in Ländern wie Tunesien, Ägypten und Jordanien können so vorteilhaft sein, dass die CIA auf „einseitige“ Operationen verzichtet, um herauszufinden, was in dem jeweiligen Land vorgeht.
Die Kontakte zu den Führern der ausländischen Geheimdienste waren offenbar auch karriereentscheidend: „Ein ehrgeiziger Geheimdienstoffizier konnte es sich nicht leisten, angespannte Beziehungen zu seinem lokalen Gastgeber zu haben“, analysierte Ignatius. So wurden die Informationen offenbar „geglaubt“. Die CIA verließ sich auf ihre „guten, alten Kontakte“.
Hilfe im Kampf gegen Terrorismus
Die guten Beziehungen waren auch Voraussetzung insbesondere im Kampf gegen den Terrorismus, und um Informationen über die Al-Kaida zu sammeln. „Wir zogen uns immer mehr zurück und verließen uns auf die Liaison, dass sie uns informiert, was vor sich geht“, erklärte ein ehemaliger hochrangiger CIA-Agent der Nahost-Abteilung.
Die gegenseitige Abhängigkeit wurde insbesondere nach dem 11. September 2001 augenscheinlich: Denn einerseits unterstützten die USA die Geheimdienste autoritärer Regime von Ägypten bis Jordanien und Jemen mit Hunderten Millionen Dollar. Andererseits musste Ägypten ähnlich misstrauisch wie Peking und Moskau gegenübergetreten werden.
Kampf gegen Al-Kaida vorrangig
Ägypten zeigte sich besonders penibel gegenüber ausländischen Agenten, die sich mit Oppositionellen treffen könnten. Die Überwachung von Kairo aus war so stark, dass jeder CIA-Agent einen sechswöchigen Kurs über das Handwerkszeug in einer feindlichen Umgebung absolvieren musste. Ägypten blieb unter Kontrolle, aber mit der Entwicklung der aktuellen Krise fiel der US-Geheimdienst bei seinen Informationen immer mehr zurück.
Der Einsatz moderner Technologien half zwar bei der Überwachung, allerdings habe das, so CIA-Kenner Ignatius in der „Washington Post“, die unkonventionellen Kontakte, die möglicherweise vor den Entwicklungen warnen hätten können, reduziert. Die CIA sei so darauf fokussiert gewesen, Al-Kaida zu stoppen, dass sie von anderen Fragen abgelenkt gewesen seien, ist Ignatius überzeugt.
Facebook und Twitter kaum beachtet
US-Politiker hatten Anfang Februar die US-Geheimdienste und insbesondere die CIA für mangelhafte Aufklärungsarbeit zu Beginn der Krise in Ägypten gerügt. Die Behörden hätten die Folgen der Proteste für die Region nicht ausreichend verdeutlicht, sagte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, Dianne Feinstein, laut US-Medienberichten Anfang Februar. Die CIA habe nur mangelhaft nützliche Informationen gesammelt und zur Verfügung gestellt. Vor allem wurde kritisiert, dass die CIA offene Quellen wie etwa Facebook und Twitter kaum beobachtet habe.
In der Senatsanhörung des Geheimdienstausschusses wiesen CIA-Verantwortliche die Kritik an ihrer Agentur zurück. Das Weiße Haus sei bereits Ende vergangenen Jahres über Instabilität gewarnt worden. Es sei lediglich unklar gewesen, was genau die Krise auslösen würde.
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