Kern will Kapitalspritze
Den Bahnfahrern verspricht ÖBB-Chef Christian Kern: „Die Ticketpreise sollen nicht steigen.“ Zugleich bekräftigte er seine Forderung nach einer staatlichen Kapitalspritze in der Höhe von rund 400 Mio. Euro. Eine (Teil-)Privatisierung der Bahn ist aus Kerns Sicht in den nächsten Jahren kein Thema: „Wir sind Lichtjahre von einem Börsengang entfernt.“
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„Wir wollen keine Subventionen, wir wollen keine Zuschüsse, sondern eine Investition“, sagte er dem aktuellen „profil“. Ohne Geld vom Staat gehe es nur „mit extremen Anstrengungen“, in dem Fall müsste der ganze Konzern seinen Beitrag leisten, „auch der Personenverkehr“.
Güterverkehr verbilligen
Die Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria (RCA) „kann ihre Probleme nicht allein lösen“. Hier forderte Kern einen Beitrag von der Politik: „Wir müssen niedrigere Schienennutzungsgebühren verrechnen.“ Während die Schienenmaut in ganz Europa steige, stehe die Politik bei der Straßenmaut auf der Bremse. „Wenn wir nicht billiger werden, wird irgendwann kein Mensch mehr Güter per Bahn transportieren“, warnte Kern.
Sparstift beim Personal
Sparpotenzial ortet der ÖBB-Boss an mehreren Ecken und Enden. So will er etwa „keine Geschäfte mehr durchführen, die nicht zumindest ihre Kosten einspielen“. Auch bei den Mitarbeitern - zwei Drittel der Eisenbahner sind unkündbar - setzt Kern den Rotstift an. Insgesamt will er die Personalkosten um 80 Millionen Euro reduzieren.
Zuerst soll bei den Überstunden gespart werden, laut Kern leisten die Mitarbeiter im Güterverkehr jährlich eine Million Überstunden. „In der weiteren Folge wird es notwendig sein, dass wir Mitarbeiter aus dem System rausbringen, indem wir sie intern weitervermitteln.“ Konkret möchte der ÖBB-Chef an Fremdfirmen ausgelagerte Arbeiten wieder zurückholen. „Baumschnitt, Gleis- und Anlagenbau, Postbuslenker, Catering in den Zügen - solche Aufgaben können unsere Mitarbeiter auch übernehmen.“
Bis Ende des Jahres werde der Personalstand durch Pensionierungen und natürliche Fluktuation um 1.000 Beschäftigte sinken. Auch auf der Führungsebene will der ehemalige Verbund-Manager bekanntlich sparen. „Wir haben derzeit 1.250 Führungskräfte. Auf alle vier Kilometer Gleis kommt also eine Führungskraft“, rechnete er vor.
Problemfall Rail Cargo Hungaria
In puncto Rail Cargo Hungaria (früher MAV Cargo), dessen Erwerb mittlerweile auch die Justiz beschäftigt, räumte Kern ein, dass der Kaufpreis „am Ende eben viel zu hoch“ gewesen sei. Die ungarische Güterbahn stehe noch immer mit 380 Mio. Euro in den ÖBB-Büchern. Kern geht allerdings davon aus, noch „mindestens“ 200 weitere Millionen abschreiben zu müssen.
Das umstrittene Honorar in der Höhe von 7,1 Mio. Euro, das die ÖBB damals an eine Lobbyingagentur namens Geuronet gezahlt hat, war laut Kern „gelinde gesagt überhöht“. Er persönlich „hätte so einen Vertrag nicht abgeschlossen.“ Bei der von Kern angeordneten internen Revision des Zukaufs in Ungarn sei kein Hinweis auf Bestechung gefunden worden. „Es gab Kontenöffnungen in Ungarn, aber das hat den Verdacht nicht erhärtet.“ Auch bei der Überprüfung der Beraterverträge in der Vergangenheit sei „mit unseren Mitteln“ nichts strafrechtlich Relevantes aufgetaucht. „Aber eines ist auch klar. Zumindest die Optik ist verheerend“, räumte der ÖBB-Chef ein.
Kern verteidigt Schließungen von Nebenstrecken
Die viel kritisierte Schließung zahlreicher Nebenstrecken verteidigte Kern: Bei den eingestellten Verbindungen sei die Frequenz viel zu niedrig, es handle sich um Gebiete, die durch Abwanderung betroffen sind. Beim Thema Bahnprivatisierung - die ÖBB bekommen ja auf der Strecke Wien - Salzburg bald Konkurrenz von Hans Peter Haselsteiners privater „Westbahn“ - warnte Kern vor Rosinenpicken. „Für den Konsumenten kann eine Bahnprivatisierung dann vorteilhaft sein, wenn sie von klaren ordnungspolitischen Regeln begleitet wird.“ Den Vorwurf der wettbewerbsverzerrenden Quersubventionierung kann Kern „beim besten Willen nicht verstehen“.
Für das neue Jahr hat sich der ÖBB-Boss vorgenommen: „Wir müssen einfach raus aus dem Gerede“. Unter anderem will er „glaubwürdig und transparent“ darlegen, wie die Bahn ihre Werbegelder einsetzt. „Die waren ja bisher sehr fokussiert.“
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