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Branche will Abhängigkeit reduzieren

Die Welt ist für die Stahlkocher aus den Fugen geraten. Nach harten Verhandlungen mussten sie sich im Frühjahr der Macht der Rohstoffkonzerne beugen. Seitdem ist das seit Jahrzehnten praktizierte System von Jahresverträgen bei der Beschaffung von Eisenerz Geschichte.

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Die Preise werden nun noch quartalsweise festgelegt. Damit wurde die Beschaffung für die Stahlhersteller teurer und viel schwankungsanfälliger. Die Unsicherheiten nehmen zu, zumal die Unternehmen Veränderungen nicht so ohne weiteres an ihre Kunden weiterreichen konnten. Die Branche sucht nun nach Auswegen aus dem Preisdiktat der Rohstoffunternehmen.

Bisher sitzen die europäischen Stahlhersteller bei den Verhandlungen über die sogenannten Benchmarkverträge nicht einmal am Katzentisch. Dafür sind sie einfach zu klein. Weit mehr als die Hälfte der Weltproduktion kommt aus Asien. Deshalb führen die großen drei Bergbaukonzerne - Vale, Rio Tinto und BHP Billiton - dort ihre Preisgespräche. Was dabei herauskommt, hat Vorbildcharakter für den Rest der Welt.

„Bisher nicht gekanntes Niveau“

Allein im April stiegen die Preise nach Angaben der Wirtschaftsvereinigung Stahl um 91 Prozent, im folgenden Quartal noch einmal um 34 Prozent. „Die Kosten für die Stahlindustrie erreichten ein bisher nicht gekanntes Niveau“, sagte Verbandschef Hans Jürgen Kerkhoff.

Der größte Stahlkonzern der Welt, ArcelorMittal, versucht die Abhängigkeit von den Rohstoffkonzernen durch den Ausbau der eigenen Rohstoffförderung zu reduzieren. Seit Jahren investiert Vorstandschef Lakshmi Mittal schon in eine eigene Rohstoffbasis. Bis 2015 will das in Luxemburg ansässige Unternehmen seine Erzförderung nun auf 100 Mio. Tonnen verdoppeln und so praktisch zum Selbstversorger werden.

Vier Mrd. Dollar (3,03 Mrd. Euro) soll das kosten. Schwerpunkt ist dabei Afrika, wo auch Chinas Regierung versucht, den Rohstoffhunger der eigenen Wirtschaft zu stillen. In einigen Projekten arbeiten die Chinesen bereits mit ArcelorMittal zusammen.

Erika Nebel, dpa

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