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Größtes Hilfsteam eines Landes

Mit Appellen und Versprechungen haben westliche Länder auf die Erdbebenkatastrophe im Jänner und den Ausbruch der Cholera im Oktober in Haiti reagiert. Natürlich wurde auch Hilfe geschickt, doch glaubt man entsprechenden Medienberichten, leistet ein Land viel effizientere Hilfe - und ohne im Scheinwerferlicht zu stehen: Mediziner aus Kuba sind demnach eine tragende Säule im Kampf gegen die Seuche.

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Mit rund 1.200 Ärzten und Helfern stellt Kuba in Haiti das größte Hilfsteam eines Landes - und sie waren auch die ersten, die nach dem Beben im Jänner mit 250.000 Toten und weit über einer Million Obdachlosen vor Ort waren. Seit dem Hurrikan George 1998 ist eine medizinische Truppe mit 350 Mann aus Kuba permanent auf Hilfsmission auf Haiti.

Helfen, wo andere nicht helfen

Bis in den Herbst wurde auf 900 Helfer aufgestockt, nach einem Appell der UNO Anfang Dezember, dass man der Cholera nicht Herr werde, schickte Havanna weitere 300 Ärzte. „Sie waren die Ersten, die weitere Hilfe angeboten haben“, sagte der Chef der UNO-Mission in Haiti, Edmond Mulet, gegenüber Reuters.

Und dieses Team versorgte seit Ausbruch der Seuche zwischen 30 und 40 Prozent aller behandelten Erkrankten, berichtete der britische „Independent“. Auf 40 Stützpunkten im ganzen Land bieten die kubanischen Ärzte ihre Dienste an.

Und während andere Hilfsorganisationen vor allem die Hauptstadt Port-au-Prince versorgen, sind es die Kubaner und „Ärzte ohne Grenzen“, die vor allem auch die schwer erreichbaren, ländlichen und besonders armen Gebiete abdecken. 2.600 Menschen sind bisher an der Cholera gestorben, 50 sterben derzeit pro Tag.

Hilfe als Imagepflege

„Wir kümmern uns nicht um die öffentliche Aufmerksamkeit, wir kümmern uns um die Menschen“, sagte Lorenzo Somarriba, Koordinator der kubanischen Hilfstruppe gegenüber Reuters. Doch auch wenn die kubanischen Helfer anders als westliche Hilfsteams ohne Kamerabegleitung und Presseaussendungen ihrer Arbeit nachgehen, ist es für das sozialistische Land freilich dennoch eine Imagepflege. Man gefällt sich in der Rolle als vergleichsweise armes Land, bessere Hilfe anzubieten als die meisten reichen Industriestaaten.

Ähnlich wie in Venezuela von Hugo Chavez ist man auch in Kuba stolz auf sein Gesundheitssystem und setzt es dementsprechend häufig auch als „Argument“ ein, wenn es darum geht, die „Überlegenheit“ des sozialistischen Systems zu untermauern. So werden – zumindest rhetorisch - regelmäßig US-Bürger zu kostenlosen Behandlungen eingeladen.

35.000 Kubaner auf Auslandsmission

Geschätzte 25.000 kubanische Ärzte sind mit einem medizinischen Personal von 10.000 Menschen in 77 Ländern wie El Salvador, Mali und Osttimor auf Auslandsmission, so der „Independent“. Nicht zuletzt vor der UNO kann Kuba immer wieder auf seine humanitären Missionen verweisen, wenn es aus anderen Gründen brenzlig wird. Für die Ärzte selbst ist es wiederum eine Chance, das Land zumindest vorübergehend zu verlassen und eventuell ein bisschen mehr zu verdienen.

Und auch bei den Nachbarländern kann Kuba vor allem mit medizinischen Hilfsprojekten punkten. Ein weiteres Vorzeigeprojekt ist die Escuela Latinoamericana de Medicina en Cuba (Lateinamerikanische Medizinschule Elam). Über ein Stipendiensystem werden dort seit 1999 junge Menschen, die sich in ihrer Heimat kein Studium leisten können, zu Ärzten ausgebildet. Vor allem aus den Nachbarländern, aber auch aus Afrika und sogar aus den USA kommen die Studierenden. Allein 550 Haitianer absolvierten in den vergangenen Jahren das Studium, 400 sind gerade dabei.

Gesundheitssystem als Aushängeschild?

Mit 64 Ärzten pro 10.000 Einwohner hat Kuba die größte Medizinerdichte der Welt. Zum Vergleich: In Österreich sind es 38. Auch bei Lebenserwartung und Säuglingssterblichkeit kann Kuba mit westlichen Ländern mithalten. Grundpfeiler dabei ist das System des Familienarztes: Nach dem Studium muss sich jeder Arzt mindestens drei Jahre lang um eine Gruppe von 150 bis 200 Familien kümmern.

Westliche Beobachter sehen das kubanische Gesundheitssystem häufig weniger optimistisch. Gebäude und Geräte seien häufig in desolatem Zustand, es fehle bei Medikamenten oft am Nötigsten und zudem blühten der Schwarzmarkt und die Korruption.

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