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Kometenhafter Aufstieg

Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko ist seit 1994 im Amt und regiert sein Land im Stile eines Autokraten. Für den Westen ist Weißrussland die letzte Diktatur Europas. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt erteilte er der Demokratie westlicher Prägung eine deutliche Absage und sicherte sich Schritt für Schritt eine Machtposition, die in Europa ihresgleichen sucht.

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Im November 1996 setzte der Ex-KGB-Offizier ein Referendum durch, bei dem - nach offiziellen Angaben - 70 Prozent der Wahlberechtigten der Ausdehnung der Macht des Staatspräsidenten und der Verlängerung seiner Amtszeit auf sieben Jahre zustimmten. Der Westen erkannte dieses Referendum nicht an, eine inoffizielle EU-Beobachtergruppe hatte schon vor Beginn der Volksabstimmung mehr als 1.000 Verstöße gegen das Wahlrecht registriert.

Verfassungsänderung für dritte Amtszeit

Für seine letzte Wiederwahl ließ der 56-jährige Lukaschenko die Verfassung ändern. „1994 hat ihn das Volk gewählt, 1996 wurde er der Staat und 2001 ein kleiner Gott“, beschrieb ein Oppositionspolitiker die Karriere des Präsidenten. 2006 wurde Lukaschenko zum dritten Mal wiedergewählt - und gab dabei sogar offen Wahlfälschung zu.

Die Opposition in der Ex-Sowjetrepublik beschuldigt Lukaschenko, politische Gegner mit Hilfe des Staatsapparats unter Druck zu setzen. Dabei würde auch vor dem „Verschwindenlassen“ Oppositioneller nicht haltgemacht, wirft die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) dem weißrussischen Regime vor.

„Batka“ wird unpopulärer

In seiner Heimat genoss Lukaschenko trotz seiner fragwürdigen Machtpraktiken vor allem unter der älteren Bevölkerung und auf dem Land lange hohes Ansehen. Seine Anhänger nennen ihn „Batka“ („Papa“) - ein Bild, das Lukaschenko mit Hilfe der staatlich kontrollierten Medien geschickt zu kultivieren wusste. Er setzt sich dort - oft in landestypischer Tracht - mit Vorliebe volksnah in Szene. Der wirtschaftliche Absturz des Landes brachte allerdings einen Umschwung in der öffentlichen Meinung. Mangelnde Reaktionen verstärkten die Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit ihrem Machthaber.

KGB-Offizier und Politkommissar

Geboren wurde Lukaschenko am 30. August 1954. Nach seiner Schulausbildung studierte er Geschichte und blieb als Funktionär des Jugendverbandes Komsomol zunächst hauptberuflich politisch tätig. Von 1975 bis 1977 arbeitete er als politischer Instrukteur bei den Grenztruppen des sowjetischen Geheimdienstes KGB, Anfang der 80er Jahre war er Politkommissar bei der Roten Armee.

1990 in Obersten Sowjet

Später wechselte er in den zivilen Bereich und leitete bis 1984 einen landwirtschaftlichen Kollektivbetrieb. Aus dieser Position heraus wurde Lukaschenko 1990 in den Obersten Sowjet Weißrusslands gewählt. Im Jänner 1994 setzte das Parlament den damaligen Staatspräsidenten Stanislaus Schuschkewitsch ab, einen erklärten Anhänger marktwirtschaftlicher Reformen. Ein halbes Jahr später gewann Lukaschenko die Präsidentenwahl im zweiten Durchgang mit mehr als 80 Prozent der Stimmen.

Konfrontationskurs mit dem Westen

Im Frühsommer 1998 ging Lukaschenko endgültig auf Konfrontationskurs zum Westen. Er ließ das exterritoriale Gelände von 22 ausländischen Vertretungen zum Gebiet des Präsidenten erklären und einigen Botschaften Strom und Wasser sperren, um so die Abreise westlicher Diplomaten zu provozieren.

Internationale Proteste ließen Lukaschenko damals ebenso kalt wie heute die Kritik an seinem repressiven politischen Stil. Auf den Punkt bringt er seine Haltung zuweilen mit dem einfachen Satz: „Der Westen kann mich einmal.“ Seine bisherige Schaukelpolitik zwischen dem Westen und Russland wird er angesichts der Wirtschaftskrise aber nicht fortsetzen können, sind Experten überzeugt.

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