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Gefährlicher Leckerbissen

Es ist ein hübscher, kleiner Fisch, den Jamaika zum „Staatsfeind“ erklärt hat: Der Feuerfisch, der sich seit wenigen Jahren in den Gewässern der Karibik rasant ausbreitet, bedroht mittlerweile das ohnehin von Überfischung geschwächte Ökosystem der Insel.

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Vor allem die Korallenriffe rund um Jamaika sind bedroht - und die dort noch verbliebenen Fische beliebte Beute des nicht einmal 40 Zentimeter großen Fisches, der eigentlich nur im Indopazifik und im Roten Meer beheimatet ist. Wegen der ausgedünnten Bestände der einheimischen Meerestiere fehlen dem Fisch mit den giftigen Rückenstacheln die natürlichen Feinde und er kann sich rasant vermehren. Dieses „Versagen“ der Natur sollen nun die Jamaikaner ausbügeln.

Appetit soll Raubfisch in Schach halten

Teilweise sind die Naturschutzbehörden bereits dazu übergegangen, die Feuerfische gezielt zu entnehmen und zu töten. Doch die größte Hoffnung setzt die Regierung auf den Appetit der Bevölkerung. Diese soll dazu gebracht werden, den Fisch zu verzehren, und so seine Ausbreitung nachhaltig verhindern und zugleich die Fischer unterstützen.

Die Invasion des Feuerfisches begann nach dem Hurrikan Andrew 1992. Ein Becken mit Aquariumfischen an der Küste von Florida wurde beschädigt und der Feuerfisch gelangte ins Meer. Nach den Bahamas und Kuba hat er mittlerweile Jamaika erreicht.

Feuerfisch

APA/EPA/Ahmad Yusni

Stachelige Schönheit mit besonders „fieser“ Jagdtaktik

„Exzellent“ und „wie Hühnerfleisch“

Fischereiminister Christopher Tufton startete daher im Sommer eine aggressive Werbekampagne, um Jamaikaner dazu zu bewegen, den Fisch zu essen. Videos, die etwa Premierminister Bruce Golding und andere Prominente beim Verzehr des Fisches zeigen, werden regelmäßig im Fernsehen gezeigt. Auch prominente Köche wurden für die Kampagne eingespannt. „Ich glaube, dass der Verzehr der richtige Weg ist, um den Feuerfisch unter Kontrolle zu halten.“ In einem TV-Bericht (Youtube-Video) schwärmten mehrere Restaurantgäste über den Geschmack des Fisches und verglichen ihn mit Hühnerfleisch.

Wegen des Gifts in den Stacheln - das für Menschen aber nicht tödlich ist - ist es besonders wichtig, den Fisch vor der Zubereitung richtig auszunehmen und die mit Gift verseuchten Teile zu entfernen.

Gefräßiger kleiner Fisch

„Die Lage in Jamaika ist kritisch“, so Nelsa English von der Nationalen Umwelt- und Planungsagentur (NEPA) gegenüber der Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS). „Ein Mangel an genügend natürlichen Feinden lässt den Schluss zu, dass der Feuerfisch eine signifikante Bedrohung für Jamaikas Biodiversität und das Ökosystem generell werden könnte.“ Derzeit lebe die Fischereiindustrie von der Entnahme junger erwachsener Fische, so English. Das Problem dabei: Die Fische könnten sich nicht ausreichend reproduzieren, was wiederum den Druck auf die Fruchtbarkeit des Ökosystems erhöhe.

Der Feuerfisch, der je nach Art orangefarben bis kastanienbraun und zwölf bis 38 Zentimeter groß ist, bedrohe damit die gesamte Fischereiindustrie des Landes, so English. Auf Jamaika gibt es rund 30.000 Fischer. Der erstmals 2008 in jamaikanischen Gewässern gesichtete Feuerfisch kann laut Experten die in den Riffs beheimateten kleinen Fische um 80 Prozent dezimieren. Dazu laichen die Weibchen mindestens zwei Mal jährlich bis zu 30.000 Eier ab.

Riesige Kosten durch Invasion

Laut IPS hat Jamaika mit 102 eine der höchsten Raten weltweit an invasiven Tierarten, gleich nach Puerto Rico und der Dominikanischen Republik. Auch diese beiden Inselstaaten versuchen, ihr Feuerfisch-Problem mit dem Menschen als „Raubtier“ zu lösen.

Die Umweltbehörde der UNO (UNEP) unterstützt ein Projekt, mit dessen Hilfe die Verbreitung invasiver Arten in der Karibik insgesamt bekämpft wird. Eines der Hauptziele ist der Aufbau eines Netzwerks, das es erlaubt, die Invasion eines neuen Tieres möglichst früh aufzudecken.

Weltweit schätzt die UNO die Folgekosten, die durch das Eindringen fremder Tierarten entstehen, auf 100 Milliarden Dollar (71,6 Mrd. Euro). Der Schaden, den die invasiven Arten anrichten, soll sich gar auf 1,4 Billionen Dollar (eine Billion Euro) belaufen.

Hinterhältige Jagdmethode

Die Jagdmethode des Feuerfischs ist übrigens ungewöhnlich und besonders effizient, da sie kein anderes Raubtier in der Karibik verwendet: Anstatt seine Beute zu überfallen oder zu jagen, verwirrt der Feuerfisch sein Opfer, indem er dieses mit seinen schönen Stacheln und Flossen beeindruckt. In einer Art Tanz nähert er sich langsam dem Opfer, um es dann blitzschnell wie ein Staubsauger in das Maul zu saugen.

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