Esten und Letten stellten einen Baum auf
Die baltischen Staaten Estland und Lettland haben einen zuletzt erbittert geführten Streit über die angebliche Herkunft des Christbaums auf höchster Ebene beigelegt - durch eine politische Einigung des lettischen Ministerpräsidenten Valdis Dombrovskis und seines estnischen Amtskollegen Andrus Ansip.
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Sowohl Estland als auch Lettland hatten für sich zuletzt in Anspruch genommen, die einzig wahre Heimat des Christbaums zu sein. Lettland hatte das 500-jährige Jubiläum der weltersten Christbaumaufstellung ausgerufen - Estland hatte daraufhin gekontert, man habe bereits 69 Jahre früher die weltweite Tradition von Weihnachtsbäumen begründet.
Post für den Bürgermeister als Auslöser
Am Freitag verkündeten Dombrovskis und Ansip nun bei einer Pressekonferenz in Riga die gütliche Einigung: Die erste Christbaumaufstellung der Welt habe wohl in der Region Livland stattgefunden. Das ehemals von einem mit den Esten verwandten Volksstamm bewohnte Livland ist heute Teil Lettlands - also haben beide Länder etwas davon.
Der Streit um die Christbaum-Legende war entstanden, weil sich beide Länder im Rahmen ihrer Tourismusstrategie jeweils als Heimat des Weihnachtsbaums zu vermarkten suchten. Auslöser war Post aus der estnischen Hauptstadt Tallinn für den Bürgermeister der lettischen Hauptstadt Riga, Nils Usakovs.
1510 in Riga?
Usakovs erklärte Anfang Dezember, er habe „einen kleinen Weihnachtsbaum vom Bürgermeister von Tallinn bekommen. Er gratuliert uns zum 500. Jahrestag des Weihnachtsbaumes in Riga, erinnert aber daran, dass Tallinn schon den 569. Jahrestag feiert.“ Das konnten die Letten nicht auf sich sitzen lassen.
Durch Forscher wurde daraufhin der Anspruch Lettlands als einzig wahre Weihnachtsbaumheimat untermauert: Demnach wurde der welterste Christbaum 1510 in Riga aufgestellt, in Form einer Holzpyramide, die als Baum bezeichnet und mit getrockneten Blumen, Früchten, Gemüsen und Spielzeugen geschmückt wurde. Der Baum soll für einen Umzug benutzt und zum Jahresende verbrannt worden sein.
1441 in Tallinn?
Estland konterte daraufhin, die Bürger von Tallinn hätten schon 1441 den ersten Weihnachtsbaum gehabt. Er sei vor dem Rathaus für ein winterliches Tanzritual aufgestellt worden, bevor auch er angezündet worden sei. Zuletzt war der Disput mit immer härteren Worten geführt worden.
Der öffentlich-rechtliche estnische Sender ERR etwa hatte den Nachbarn als „Grinch“ (eine koboldhafte Antiweihnachtsfigur des US-Kinderbuchautors Dr. Seuss, Anm.) bezeichnet, weil Lettland die Heimat des Weihnachtsbaums von Estland stehlen wolle. Schließlich war das vorweihnachtliche Klima so vergiftet, dass es die Einigung beider Staatschefs brauchte.
Politiker schreiben Geschichte
Historiker halten indes sowohl den Anspruch Lettlands als auch jenen Estlands, wonach der erste „echte“ Christbaum 1441 in Tallinn beziehungsweise 1510 in Riga aufgestellt wurde, für äußerst fragwürdig. Für die nun gefundene Kompromissvariante Livland gibt es bisher überhaupt keine historischen Quellen. Die Idee stammt von einem lettischen Politiker.
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