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„Die Furcht ist größer“

Das 85-Milliarden-Euro schwere Rettungspaket für Irland konnte die Finanzmärkte nicht beruhigen. Nach einer kurzen Erholung verlor der Euro bereits am Montag wieder und fiel zeitweise auf ein Zweimonatstief. Die Finanzmärkte stehen damit in krassem Gegensatz zum demonstrativen Optimismus der Politik.

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Hochrangige Politiker in allen Euro-Zonen-Ländern waren am Montag bemüht, das Rettungspaket und die Grundsatzeinigung auf einen künftigen Krisenmechanismus als Signal entschlossenen Handelns zu verkaufen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, die Einigung sichere die Stabilität des Euro und werde die Unsicherheit auf den Märkten ein Stück weit beseitigen. „Ich glaube, dass dieses Programm für Irland geeignet ist, dass Irland (...) in einigen Jahren wieder solide, nachhaltig wirtschaften kann“, erklärte er.

EU-Währungskommissar Olli Rehn wertete die Beschlüsse der Euro-Finanzminister als Beweis, „dass wir alles Nötige tun werden, um die Stabilität in Europa zu schützen. Wie immer braucht die Wiederherstellung von Vertrauen Zeit, und man muss an allen Fronten schlüssig und entschlossen handeln. Wir wissen das und wir tun das.“

EZB greift ein

Die EZB verhinderte vermutlich während des Irland-Showdowns noch stärkere Verwerfungen. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag in Frankfurt mitteilte, hat sie in der Woche bis einschließlich vergangenen Freitag Staatspapiere im Gegenwert von 1,348 Milliarden Euro gekauft - gut doppelt so viel wie in der Vorwoche (713 Mio. Euro). Seit Mai kaufte die EZB damit Staatsanleihen für rund 67 Milliarden Euro.

„Die Furcht ist größer“

Doch auf den Märkten kehrte keine Ruhe ein, im Gegenteil: Es hielt sich hartnäckig die Furcht vor einem Übergreifen der Schuldenkrise in Griechenland und Irland auf weitere klamme Staaten. Mit Portugal und Spanien könnten die nächsten Problemfälle auf die Europäer zukommen. „Die Furcht vor weiteren Staatspleiten ist größer als die Erleichterung über das Rettungspaket für Irland“, fasste ein Händler die Stimmung an der Frankfurter Börse zusammen.

Das war vor allem an den Risikoaufschlägen für zehnjährige spanische Staatsanleihen abzulesen, die auf ein Rekordhoch stiegen. Der Euro ging im Sog der Schuldenkrise auf Talfahrt und auch die Aktienmärkte bekamen die Verunsicherung der Anleger zu spüren. Der nächste Test steht am Donnerstag an, wenn Spanien auf dem Kapitalmarkt Anleihen im Volumen von bis zu 2,75 Milliarden Euro platziert.

Warnung vor Dominoeffekt

Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero schloss zwar kategorisch aus, EU-Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Zugleich werden auf den Märkten aber derzeit stärker Stimmungen gehandelt als harte Fakten. Damit kann nach Einschätzung von Experten ein gefährlicher Dominoeffekt eintreten, der auch Portugal und selbst bisher kaum im Fokus stehende Länder wie Italien und Belgien erfassen könnte.

Die Platzierung italienischer Anleihen im Volumen von 6,8 Milliarden Euro wurde auf dem Pensionsmarkt zu Wochenbeginn nicht gut aufgenommen: Der Risikoaufschlag für die Papiere kletterte auf ein Rekordhoch von 195 Basispunkten. Auch der Euro musste Federn lassen und sank deutlich unter die Marke von 1,31 Dollar.

Das ebenfalls unter einer hohen Schuldenlast ächzende Belgien sammelte indes ohne Probleme zwei Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt ein, allerdings ist der Risikoaufschlag für zehnjährige Bonds auf den höchsten Stand seit Anfang Juni gestiegen.

Banken werden verschont

Erleichtert können zumindest Banken und Versicherer sein. Sie werden bei künftigen Rettungsaktionen für gefährdete Euro-Länder weniger bluten müssen als auf den Märkten befürchtet. Der ab 2013 geltende permanente Euro-Krisenmechanismus sieht keine automatische Mithaftung privater Anleihegläubiger vor. Die privaten Anleihebesitzer sollen demnach nur in dem als unwahrscheinlich geltenden Fall mit Verlusten rechnen, dass ein Euro-Land endgültig vor der Pleite steht.

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