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Komiker ohne Furcht und Erbarmen

Der burmesische Komiker Zarganar wurde 2008 zu 59 Jahren Haft verurteilt. Der Filmer Rex Bloomstein hatte kurz davor eine Doku über ihn gedreht. Nach der Inhaftierung machte sich der Brite noch einmal nach Burma auf, diesmal war der bayrische Kabarettist Michael Mittermeier dabei. Der daraus entstandene Film ist nicht lustig.

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Dabei gab sich Mittermeier alle Mühe, wenigstens hin und wieder einen Witz zu reißen. Aber das Schicksal seines Kollegen ging ihm zu nahe. Immer wieder hat der Komiker Tränen in den Augen, seine von Haus aus brüchige Stimme wird noch brüchiger. Zarganar hatte gesagt, er wolle der Lautsprecher seines Volkes sein. Mittermeier richtet Zarganar aus: „Lass mich Dein Lautsprecher sein.“

Der burmesische Kabarettkünstler Zarganar

bobo.at

Der burmesische Komiker Zarganar

Der Film „This Prison where I Live“ ist ein Zusammenschnitt aus Szenen von Bloomsteins erster Doku, in der Zarganar ausführlich zu Wort kommt, und Aufnahmen seiner Reise mit Mittermeier. Den deutschen Kabarettisten für den Film zu gewinnen war nicht schwer. Er engagierte sich bereits früher für Burma. Und außerdem habe er, wie er sagt, etwas mit Zarganar gemeinsam: In der ganzen Welt könne sich niemand vorstellen, dass es deutsche Kabarettisten gebe. Und genauso wenig vermute jemand einen Komiker in Burma.

Mit Pflaster vor dem Mund beim Diktator

In Burma ist Zarganar, Spross aus einer intellektuellen Künstlerfamilie, ein großer Star. Er hat in zahlreichen Filmen, Theaterstücken und Werbungen mitgewirkt, seine Komikprogramme sind legendär. Einmal, als der heute 49-Jährige noch ganz jung war, durfte er vor dem damaligen Diktator auftreten. Es wurde ihm allerdings gesagt, er dürfe keine politischen Witze machen. Daraufhin ging er mit einem Pflaster über dem Mund auf die Bühne. Der Diktator fragte, was das Ganze solle. Zarganar antwortete wahrheitsgemäß, er dürfe keine politischen Witze machen. Der Diktator lachte.

Doch das Lachen war nicht ehrlich. Hinterher habe man den Komiker gewarnt: Noch einmal so etwas und er wandere ins Gefängnis. „Zarganar“ heißt auf burmesisch Pinzette. Er hatte sich diesen Künstlernahmen wegen eines Sprichworts ausgesucht: „Wenn Du Angst hast, entferne sie mit der Pinzette.“ Angst scheint Zarganar nicht zu kennen. Er wurde vom Regime verwarnt und schließlich fünf Jahre lang in Einzelhaft gesteckt und gefoltert - Schlafentzug, Wasserfolter, Schläge. Seine geistige Gesundheit erhielt er sich, indem er Schlager auswendig lernte, die aus den Gefängnislautsprechern schallten.

„Die Menschen lachen gern“

Er ließ sich dennoch nicht kleinkriegen. Nach seiner Freilassung gab er weiterhin Interviews und wirkte anonym an komödiantischen Produktionen mit: „Die Leute hören meine Witze und wollen Veränderung“, sagte er im Interview. 2007 war er eine der Stimmen im Rahmen der blutig niedergeschlagenen „Safran-Revolution“. Als er 2008 Hilfe für Opfer des verheerenden Zyklons organisierte und in ausländischen Medien überaus kritische Interviews gab, war der Bogen überspannt.

Filmplakat von "This prison where I live"

Senator Filmverleih

„This Prison where I Live“ läuft diese Woche in den Kinos an.

Zarganars Haft wurde mittlerweile auf 35 Jahre verkürzt. „Die Menschen in Myanmar lachen gern“, sagte Zarganar 2006 in einem Interview. „Auch wenn ich nicht mehr sprechen kann, werden sich die Witze weiter verbreiten.“ Das erlebten auch Mittermeier und Bloomstein bei ihrer Reise in Burma. Der Spannungsbogen wird gehalten, weil die beiden anfangs nicht wissen, ob ihre Mittelsmänner paranoid sind oder tatsächlich ständig Gefahr durch das Regime droht. Am Ende wissen sie es. Das ist der Beitrag der beiden: zu zeigen, was ein Leben in Angst heißen muss für jene, die sich am Ende nicht in den Flieger setzen und nach Hause fliegen können.

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