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Schwierige Verhandlungen mit Ländern

Am 23. Oktober 2009, genau ein Jahr vor der Budgetklausur der Regierung, hatte Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) keinen Grund, über Steuererhöhungen nachzudenken: „Wir haben nicht das Problem, dass wir zu wenig Einnahmen haben, wir haben das Problem, dass wir strukturell in die Ausgabenfalle gehen“, sagte er bei einer Veranstaltung der Arbeiterkammer.

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Sparen wolle er vor allem über die Verwaltungsreform. Dieses Argument war ausschlaggebend für die Verschiebung des Budgets. Bereits Anfang dieses Jahres hieß es aus dem Finanzministerium, das Budget werden sich „wegen der Verwaltungsreformverhandlungen verzögern“. Auch kurz vor dem Start der diesjährigen Budgetgespräche sah Pröll keinen Anlass, vom Bundesfinanzrahmen mit der 60:40-Formel - 60 Prozent Einsparungen, 40 Prozent Mehreinnahmen - abzugehen. Gespart wird nun mit dem neuen Budgetentwurf auch - aber nicht durch eine effizientere Verwaltung, sondern durch Kürzungen von Sozialleistungen.

Verwaltung bleibt unangetastet

Seit langem mahnen Wirtschaftsforscher zu Reformen in der öffentlichen Verwaltung bei Bund, Ländern und Gemeinden. IHS-Chef Bernhard Felderer sieht in dem Budgetentwurf 2011 bis 2014 keine nachhaltige Konsolidierung der Schulden. Wie seine Kollegin am WIFO, Budgetexpertin Margit Schratzenstaller, bekräftigt er die Forderung nach Strukturreformen. Bund und Länder müssten verstehen, dass es nicht um Macht, sondern um eine bessere Zukunft gehe, so Felderer.

Auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl ist unzufrieden mit den Budgetvorschlägen: „Große Strukturreformen etwa in der öffentlichen Verwaltung oder im Gesundheitswesen fehlen praktisch zur Gänze.“ Auch die Länder sind gefragt. Leitl: „Da vermisse ich Pläne, gemeinsam mit den anderen Gebietskörperschaften verbindliche Ziele und Maßnahmen zu fixieren. Jetzt müssen sich auch die Länder bewegen.“

Sanierung und Reform „gemeinsame Aufgabe“

Noch im Juli, als Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) den Vorsitz der Landeshauptleute-Konferenz übernahm, bezeichnete er gemeinsam mit seinem Neffen, Finanzminister Pröll, die Budgetsanierung und die Verwaltungsreform als „gemeinsame Aufgabe“. Die Länder seien „selbstverständlich bereit“, in der budgetären Situation der Republik ihren Teil beizutragen, betonte der Landeshauptmann. Josef Pröll versicherte dabei erneut, dass die Verwaltungsreform in die Budgetplanung über 2011 hinaus einzufließen habe.

Trotz dieses Bekenntnises war bisher in den Reformverhandlungen wenig Kompromissbereitschaft zu sehen. Entsprechend fehlt nun auch das Sparpotenzial einer schlankeren Verwaltung im neuen Budget. Zwar soll das Defizit gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2012 wieder unter der Dreiprozentmarke liegen. Das soll vor allem über Steuererhöhungen und zum Teil heftig kritisierte Einsparungen etwa bei der Familienbeihilfe erfolgen. Über Details bei den lange angekündigten Strukturreformen kann nicht diskutiert werden, weil es keine gibt.

„Nächstes Sparpaket 2013“

Entsprechend groß ist der Ärger derjenigen, die seit Monaten auf die Notwendigkeit von Reformen in der Verwaltung pochen. „Nicht einmal die Krise hat uns wachgerüttelt“, zeigte sich Leitl in der Mittags-ZIB am Freitag sichtlich erbost. „Was ist das für eine Verantwortlichkeit der Verantwortungsträger in unserem Land? Warum geht da nichts weiter?“ Sollten die größten Strukturprobleme nicht „sofort“ angefasst werden, „findet 2013 das nächste Sparpaket statt“.

Auch der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Veit Sorger, ortete die Verantwortung für den Stillstand bei der Verwaltungsreform „bei Bund, Ländern und Gemeinden - das zieht sich quer durch“. Der Budgetsprecher der Grünen, Werner Kogler, ging noch einen Schritt weiter: „Es kann so nicht bleiben, dass die Bundesländer bei uns finanz- und verwaltungstechnische Narrenfreiheit haben.“

Fiedler: Kein Versuch der Einigung

Die heiklen Gespräche mit den Ländern und deren Beitrag zur Budgetkonsolidierung stehen noch bevor. Durch das Entgegenkommen, den Ländern und Gemeinden ein Drittel der Bankenabgabe (rund 165 Mio. Euro) zu geben, habe sich der Bund aber Druckmittel aus der Hand gegeben, monieren Kritiker.

Der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler etwa kritisierte im Ö1-Morgenjournal vor allem, dass die Regierung nicht einmal den Versuch unternommen habe, sich mit den Ländern zu einigen. Wenn dann Hunderte Millionen der Einnahmen den Ländern überlassen würden „und das ohne Bedingungen, dann ist das besonders unbefriedigend“. Die Verhandlungsbereitschaft in den Ländern schwinde durch diesen „Bonus“ gegen null - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Dass der Weg zu einer Einigung mit den Ländern noch weit ist, ist für Finanzminister Pröll klar. Man sei „noch meilenweit von einer Einigung zum Wohle des Landes“ in den Verhandlungen über Stabilitätspakt, Pflegefinanzierung, Schulverwaltung und Verwaltungsreform entfernt, sagte er vergangene Woche. Die Gespräche mit den Ländern waren wegen des Budgets abgebrochen worden. Ein neuer Termin dafür steht noch aus. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) gibt sich diesbezüglich wenig zuversichtlich: „Ich mache mir da keine Illusionen.“

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