„Go Go“ und „Bildungsauftrag“
Die gemeinsame TV-Debatte der Spitzenkandidaten von SPÖ, FPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ für die Wien-Wahl ist ohne Schreiduelle, im Gegenteil auffallend ruhig, abgelaufen.
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Immerhin sah sich FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache ausgerechnet mit dem umstrittenen Wahlcomic einen „Bildungsauftrag“ erfüllen, während Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) bei der Gesamtschule dem ÖVP-„No Go“ ein „Go Go“ entgegnete. Auf eines konnten sich die Spitzenkandidaten Christine Marek (ÖVP), Strache, Maria Vassilakou (Grüne) und Walter Sonnleitner (BZÖ) einig: Die absolute Mandatsmehrheit der SPÖ muss gebrochen werden.

APA/Herbert Pfarrhofer
Das Lächeln der Spitzenkandidaten gilt den Kameras
Häupl will „ledig“ bleiben
Auf die doppeldeutige Anspielung von ORF-Moderator Paul Tesarek, welcher der jeweiligen Oppositionskandidaten mit Häupl nach der Wahl eine politische „Homo-Ehe“ oder eine Beziehung eingehen wolle, zeigten sich Marek und Vassilakou offener als Strache. Konsens bestand aber zwischen allen Oppositionsparteien über das Ziel, die absolute Mandatsmehrheit der SPÖ zu brechen.
„Mir geht’s darum, dass wir in dieser Stadt politisch etwas weiterbringen“, so Marek, die dezidiert ausschloss, Strache gegebenenfalls zum Bürgermeister zu wählen. „Ich habe nicht vor, den Herrn Bürgermeister zu heiraten - worum es mir geht, ist, dass Grün regiert“, votierte auch Vassilakou für eine Machtperspektive ihrer Partei.
Es gehe um ein Ende der desaströsen roten Politik, umschiffte Strache die Koalitionsdebatte, der auch Häupl wenig abgewinnen konnte: „Für mich besteht überhaupt keine Notwendigkeit, vor einer Wahl über Koalitionen zu reden.“ Er wolle politisch ledig bleiben.
Streit über Deutschkenntnisse
Inhaltlich dominierten die Themen Integration und Bildung. Konsens bestand dabei unter allen Vertretern, dass das Beherrschen der deutschen Sprache zentrale Voraussetzung für Integration sei.
Häupl gestand ein: „Deutsch ist die Kommunikation, die bei uns entsprechend notwendig ist.“ Zugleich könne man keine Obergrenzen von 25 Prozent für Volksschüler mit Migrationshintergrund in einer Klasse einziehen, wenn 49 Prozent der Kinder einen solchen hätten. „Allein mit Freiwilligkeit werden wir hier nicht weiterkommen“, forderte dagegen Marek mehr Verpflichtungen im Integrationsbereich.
„In einer deutschsprachigen Stadt wie Wien wird man wohl kaum beruflichen Erfolg haben, ohne die Sprache zu beherrschen“, räumte auch Grünen-Frontfrau Vassilakou ein. Zentral seien aber die Anerkennung von Berufsabschlüssen und „Sozialarbeit vor Ort in jedem größeren Gemeindebau“.
Strache zitiert die Hausordnung
„Ich bin kein Ausländerfeind - aber ich bin ein Feind der SPÖ-Politik in dieser Frage“, zeigte sich Strache angriffig. Der freiheitliche Spitzenkandidat verteidigte dabei seinen umstrittenen Wahlcomic „Sagen aus Wien“ mit einem geschichtlichen „Bildungsauftrag“: „Wir wollen, dass die Menschen sich an die Hausordnung in Wien halten.“
In dieser Frage nah bei der FPÖ präsentierte sich BZÖ-Frontmann Sonnleitner mit der Formulierung: „Ich glaube, dass die Integrationspolitik gescheitert ist.“ Schließlich sei das Anerkennen der Kultur, Gebräuche und Sitten Integration - nicht nur das Beherrschen der Sprache.
„Absolutes ‚Go Go‘“
Noch klarer offenbarten sich die Bruchlinien zwischen den einzelnen Parteien bei der Frage der Bildungspolitik. Die Neue Mittelschule als Ganztagsschulen samt Leistungsgruppen sei für ihn ein absolutes „Go Go“, wohingegen für Marek das ein „No Go“ sei, griff Häupl zu Sprachspielen. „Wir brauchen Leistungsdifferenzierung“, warnte dagegen Marek vor einer „undifferenzierten Gesamtschule“. Die besten Chancen hätten Kinder bei einem durchlässigen System. Auch Strache ist gegen die Gesamtschule: „Gerade in den Gymnasien haben wir im internationalen Vergleich Topqualität“
Den Grünen geht das System hingegen noch nicht weit genug. „Ich finde, die Neue Mittelschule ist ein erster Schritt in die richtige Richtung - aber es braucht viel mehr“, forderte Vassilakou weitere Räumlichkeiten, mehr Lehrer und einen Schwerpunkt in Richtung Mehrsprachigkeit. Auch Sonnleitner sprach sich für die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen aus, wobei das Gymnasium in einer Übergangsphase noch erhalten bleiben müsse.
„Lasse mir Wien nicht schlechtreden“
Im Bereich der Wirtschaftspolitik verteidigte indes Häupl die Leistungen der vergangenen Jahre: „Ich lasse mir Wien jedenfalls nicht schlechtreden.“ Die Oppositionskräfte forderten stattdessen kürzere Betriebsgenehmigungszeiten, ein Absenken der Belastungen für kleinere und mittleren Unternehmen sowie die Förderung von Zukunftstechnologien - etwa durch den Bau neuer Stadtteile in Passivbauweise.
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