Abschlussbericht veröffentlicht
Der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ist einer Untersuchung des Ölkonzerns BP zufolge eine ganze Reihe technischer und menschlicher Fehler vorausgegangen. Unter anderem hätten BP-Ingenieure die Ergebnisse eines Drucktests falsch bewertet, teilte BP kürzlich in London mit. Allerdings müssten auch andere Firmen Verantwortung für den Unfall und die Umweltkatastrophe tragen.
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Wenige Stunden vor der Veröffentlichung des Gutachtens berichtete die „Financial Times“, dass offenbar BP-Angestellte Irrtümer begangen und zur Explosion der Bohrinsel beigetragen hätten. So dürften Warnungen über Schwachstellen im Zement außerhalb des Bohrloches von den zuständigen Ingenieuren ignoriert worden sein. Am 20. April prüften Ingenieure die Druckverhältnisse und konnten offenbar nichts Ungewöhnliches feststellen. Ein fataler Fehler: Wenig später starben bei der Explosion der Ölplattform elf Menschen, Millionen Liter Öl flossen in den Golf von Mexiko.
Die viel kritisierte Ölbohrung selbst habe aber nicht zu dem Unfall beigetragen, hieß es in dem Bericht weiter. Die BP-Aktie baute nach Veröffentlichung des Berichts ihre Gewinne aus und legte 2,3 Prozent zu.

AP Photo/US Coast Guard
Schlimmste Ölkatastrophe
Die BP-Bohrinsel explodierte im April. Da das Leck in der Tiefe nur schleppend repariert werden konnte, strömten fast fünf Millionen Barrel Öl ins Meer. Das Unglück gilt als die schwerste Ölkatastrophe in der Geschichte der USA.
„Mehrere Beteiligte tragen Verantwortung“
Die interne Untersuchung wurde von BPs Sicherheitschef Mark Bly vorgenommen. Ihre Ergebnisse, die in einem 200 Seiten starken Bericht nun vorgelegt wurden, gelten als wegweisend für die Verteidigungsstrategie der Firma, die sich einer Flut von Klagen gegenübersieht. Das Gutachten belastet aber auch den Mitbetreiber der Bohrinsel, den Schweizer Ölkonzern Transocean, stark.
"Wir haben von Anfang an gesagt, dass mehrere Beteiligte Verantwortung für die Explosion auf der „Deepwater Horizon" tragen“, sagte der künftige BP-Chef Bob Dudley. Transocean hatte in den letzten Wochen eine Mitschuld an der Katastrophe mehrmals zurückgewiesen. Aber nicht nur Transocean steht im Kreuzfeuer der BP-Kritik. Auch der Konzern Halliburton, der den Zement für das Bohrloch geliefert hatte, wird direkt belastet.
Transocean kündigt Gegengutachten an
„Man muss es ganz einfach sagen, die Arbeiten mit dem Zement waren schlecht durchgeführt, und es gab Fehler bei der Barriere am Ende des Bohrlochs“, erklärte der scheidende BP-Manager Tony Hayward. Dadurch seien Gas und Flüssigkeit in ein Produktionsrohr gelangt. Die Crew auf der Plattform habe den Fehler erst 40 Minuten später bemerkt. Da sei es schon zu spät gewesen. „Die Untersuchungen zeigen, dass das Design des Bohrlochs selbst keine Schuld an der Katastrophe trägt.“
Transocean widersprach den Untersuchungsergebnissen. Der Bericht ignoriere das stark fehlerhafte Design des Bohrlochs, erklärte das Unternehmen in einer Erwiderung. Transocean warf BP vor, durch Kostensenkungen ein erhöhtes Unfallrisiko in Kauf genommen zu haben. Das Unternehmen kündigte an, eine eigene Untersuchung des Unglücks vorlegen zu wollen. Man warte noch auf entscheidende Daten von BP.
BP muss Milliarden-Entschädigungen zahlen
Die Ergebnisse des Berichts gelten als richtungsweisend für BPs Verteidigung vor den Gerichten. Der Konzern muss mit Milliardenforderungen rechnen und hat nach eigenen Angaben bis zu 32 Milliarden Dollar (25 Milliarden Euro) dafür in seiner Haushaltsplanung bereitgestellt. Acht Milliarden wurden demnach bereits gezahlt, darunter auch schon Entschädigungen.
Derzeit laufen in den USA noch mehrere Untersuchungen des Unglücks. Es wird erwartet, dass noch zahlreiche Schadenersatzklagen folgen werden.
Greenpeace fordert Konsequenzen
Vor allem Umweltschützer kritisierten den Bericht. „BP stands for Blame Placing“ („BP steht für Schuldzuweisung“), urteilte denn auch der Experte Robert Peston vom Sender BBC. Auch Jörg Feddern von der Umweltschutzorganisation Greenpeace sieht den Bericht kritisch. „Der Ölmulti versucht, einen Teil der Verantwortung auf die anderen beteiligten Unternehmen abzuwälzen“, sagte er laut Mitteilung.
Das Zusammenspiel menschlicher und technischer Probleme könne bei Tiefseebohrungen immer wieder auftreten und betreffe nicht nur BP. „Doch weder BP noch andere Ölkonzerne ziehen Konsequenzen aus diesem Desaster. Sie machen weiter wie bisher.“ Greenpeace fordert ein weltweites Verbot für Tiefseebohrungen.
Quelle wird endgültig verschlossen
Unterdessen arbeitet BP weiter an der endgültigem Versiegelung der Ölquelle. Das defekte Sicherheitsventil, aus dem in den Wochen nach der Explosion fünf Millionen Barrel Rohöl ins Meer strömten, wurde ausgetauscht, teilte die US-Regierung mit. Die Operation „Bottom Kill“ zum dauerhaften Versiegeln der Quelle tief unter dem Meeresboden könne beginnen, bestätigte auch Einsatzleiter Thad Allen vergangene Woche. Bei dem Manöver werden Schlamm und Zement mit großem Druck von unten in die Quelle gepumpt.
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